Bedeutung und rechtliche Einordnung des Wegerechts
Das Wegerecht ist eine im Grundbuch eingetragene sogenannte Grunddienstbarkeit, die einem Grundstückseigentümer erlaubt, das Nachbargrundstück in einer bestimmten Weise zu nutzen, um den Zugang zu seinem eigenen Grundstück sicherzustellen. Solche Rechte gewinnen vor allem dann an Bedeutung, wenn ein Grundstück keine eigene direkte Anbindung an das öffentliche Straßennetz hat. Für Unternehmen, insbesondere für kleinere Betriebe, Handwerksbetriebe oder Pflegeeinrichtungen mit Lieferverkehren und Personalbewegungen, ist ein gesicherter Zugang von erheblichem praktischen und organisatorischen Wert. Das Wegerecht schützt den Berechtigten vor unzumutbaren Beschränkungen der Nutzung seines Eigentums, begrenzt aber gleichzeitig die Rechte des belasteten Grundstückseigentümers.
Das Landgericht Köln hat am 21. Oktober 2025 (Az. 30 O 487/24) ein Urteil gefällt, das die rechtliche Abgrenzung zwischen zulässiger Nutzung und unzulässiger Beeinträchtigung des Wegerechts präzisiert. Ausgangspunkt war die Frage, ob die Errichtung von Toranlagen auf einem Grundstück, das einem anderen als Weg dient, eine Verletzung der Grunddienstbarkeit darstellt. Die Entscheidung hat unmittelbare Relevanz für Eigentümer und Unternehmen, die auf benachbarte Zufahrtsrechte angewiesen sind, etwa in dicht bebauten Gewerbegebieten oder geteilten Hofanlagen.
Zulässigkeit von Toren und Zäunen auf belasteten Grundstücken
Nach der Entscheidung des Landgerichts Köln stellt die Errichtung einer Toranlage auf einem mit einem Wegerecht belasteten Grundstück nicht automatisch eine unzulässige Beeinträchtigung dieses Rechts dar. Entscheidend ist, dass die zweckgemäße Nutzung des Wegerechts weiterhin gewährleistet bleibt. Solange der Berechtigte das Tor ohne unverhältnismäßige Erschwernisse öffnen und schließen kann, ist eine Beeinträchtigung im rechtlichen Sinne nicht gegeben. Das Gericht betonte, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks grundsätzlich das Recht hat, sein Grundstück durch Zäune oder Tore zu sichern, wenn er damit berechtigte Interessen, etwa den Schutz vor unbefugtem Zutritt oder Vermüllung, verfolgt.
Im konkreten Fall hatte die Beklagte ihrem Grundstück zum Schutz vor illegaler Müllablagerung zwei Tore hinzugefügt, ohne diese zu verschließen. Nach Auffassung des Gerichts überwiegt hier das Interesse der Beklagten an einer üblichen Grundstückssicherung gegenüber dem Wunsch der Klägerin nach uneingeschränktem Zugang. Die Richter stellten klar, dass das Wegerecht nicht zwingend eine völlig offene Zufahrt verlangt, sondern nur sicherstellt, dass die Ausübung des Rechts nicht unzumutbar erschwert oder vereitelt wird. Kleine und mittlere Unternehmen können aus diesem Urteil ableiten, dass die Balance zwischen Nachbarschutz und Eigentumssicherung gewahrt bleiben muss: Eine Toranlage darf bestehen, solange die Nutzbarkeit nicht faktisch aufgehoben wird.
Verjährung von Abwehransprüchen und Bedeutung für die Praxis
Ein weiterer zentraler Aspekt des Urteils betrifft die Verjährung von Ansprüchen auf Beseitigung einer möglichen Beeinträchtigung. Nach §§ 195, 199 Bürgerliches Gesetzbuch gilt für solche Abwehransprüche grundsätzlich die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von der Beeinträchtigung erlangt. Wird innerhalb dieser Frist keine gerichtliche Geltendmachung oder verjährungshemmende Maßnahme eingeleitet, verliert der Betroffene dauerhaft die Möglichkeit, auf Beseitigung zu klagen. Im vorliegenden Fall war die Toranlage seit über zehn Jahren vorhanden, sodass die Klägerin nach Auffassung des Gerichts den Zeitpunkt für eine erfolgreiche Geltendmachung ihres Anspruchs versäumt hatte.
Für die betriebliche Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen und Grundstückseigentümer ihre Rechte zeitnah prüfen und gegebenenfalls sichern sollten. Wird beispielsweise ein Zufahrtsrecht durch bauliche Maßnahmen wie Poller, Zäune oder Tore eingeschränkt, ist rasches Handeln entscheidend. Eine verspätete Reaktion kann zur endgültigen Rechtsnachteiligung führen. Das Urteil des Landgerichts Köln verdeutlicht damit die Notwendigkeit einer fortlaufenden Überwachung des tatsächlichen Zugangs und einer rechtzeitigen Kommunikation mit den Nachbarn, um Konflikte zu vermeiden oder frühzeitig außergerichtlich zu lösen. Besonders in Gewerbeparks oder bei gemeinschaftlich genutzten Flächen kann die klare Dokumentation der Nutzung von erheblichem Vorteil sein.
Praktische Konsequenzen und Empfehlungen für Unternehmen
Für viele Betriebe hat das Urteil eine unmittelbar praktische Relevanz. Es verdeutlicht, dass der Schutz des eigenen Grundstücks durch bauliche Maßnahmen grundsätzlich erlaubt ist, solange die Ausübung eines bestehenden Wegerechts weder verhindert noch unzumutbar behindert wird. Wichtig ist dabei die Bestimmung des Umfangs der Grunddienstbarkeit: Wird etwa das Recht eingeräumt, den Weg mit Gartengeräten oder Fahrzeugen zu nutzen, dann muss die Breite des Weges und die Ausführung der Tore einen realistischen Gebrauch ermöglichen. Zugleich ist genau zu prüfen, ob eine Beschränkung des Zugangs durch ein Tor oder eine Schranke eine Beeinträchtigung darstellt, die gegebenenfalls nur eingeschränkt oder gar nicht mehr geltend gemacht werden kann.
Unternehmen sollten daher bestehende Wegerechte regelmäßig überprüfen und mit dem tatsächlichen Zustand vor Ort abgleichen. Schriftliche Vereinbarungen mit Nachbarn sowie eine Dokumentation von Änderungen am Grundstück können im Streitfall entscheidend sein. Darüber hinaus ist es ratsam, mögliche bauliche Anpassungen, die beide Grundstücke betreffen, im Vorfeld abzustimmen, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Das Urteil zeigt deutlich, dass ein pragmatischer Interessenausgleich zwischen Schutzinteressen des Eigentümers und Nutzungsinteressen des Wegerechtsinhabers rechtlich gewollt und in der Praxis umsetzbar ist.
Im Ergebnis stärkt diese Entscheidung die Eigentumsrechte und schafft zugleich Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Kleine und mittlere Unternehmen sollten die darin enthaltene Botschaft ernst nehmen: Grundstücksrechte bestehen nicht grenzenlos, ihre Ausübung muss sich stets in der Balance zwischen eigener Nutzung und den berechtigten Interessen anderer Eigentümer bewegen. Wer frühzeitig prüft, klar kommuniziert und rechtzeitig handelt, kann teure Rechtsstreitigkeiten vermeiden und die Nutzung seiner Liegenschaften langfristig absichern. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen und Institutionen bei der digitalen Dokumentation solcher Rechte sowie der prozessoptimierten Verwaltung von Grundstücks- und Vertragsbeziehungen. Besonders im Mittelstand führen unsere Lösungen zur effizienten Digitalisierung der Buchhaltungs- und Verwaltungsprozesse und damit zu nachhaltiger Kostenersparnis und höherer Transparenz.
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