Rechtlicher Hintergrund der Vorsorgepauschale und des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes
Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz, kurz PUEG, wurde die Beitragsgestaltung in der sozialen Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2023 grundlegend reformiert. Ziel der Neuregelung ist es, Eltern mit mehreren Kindern finanziell zu entlasten, indem die Höhe der Beiträge stärker an die familiäre Situation angepasst wird. Nach der Neufassung des § 55 Absatz 3 des Elften Sozialgesetzbuchs erfolgt nun eine Differenzierung des Beitragssatzes nach der Zahl der berücksichtigungsfähigen Kinder. Eltern erhalten ab dem zweiten Kind eine Entlastung von 0,25 Prozentpunkten pro Kind, maximal jedoch einen Abschlag von 1,0 Prozentpunkt.
Parallel dazu erfolgte eine Anpassung steuerlicher Regelungen, die in der Praxis der Lohnabrechnung erhebliche Auswirkungen haben. Insbesondere § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe c Einkommensteuergesetz wurde zum 1. Januar 2024 geändert, um die geminderte Beitragslast zur Pflegeversicherung bei der Berechnung der sogenannten Vorsorgepauschale korrekt zu berücksichtigen. Die Vorsorgepauschale ist ein fiktiver Betrag, der im Lohnsteuerabzugsverfahren pauschal als Abzug für Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt wird, um Arbeitnehmer steuerlich zu entlasten. Diese Pauschale umfasst unter anderem Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung.
Praktische Umsetzung im Lohnsteuerverfahren
Ab dem Jahr 2023 können sich durch das PUEG für bestimmte Arbeitnehmer rückwirkende Korrekturen der Pflegeversicherungsbeiträge ergeben, sofern bislang eine unzutreffende Zahl an berücksichtigungsfähigen Kindern zugrunde gelegt wurde. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie in enger Abstimmung mit den zuständigen Sozialversicherungsträgern prüfen müssen, ob Beitragskorrekturen erforderlich sind. Grundlage hierfür bildet das koordinierte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2025 (Az. IV C 5 - S 2379/00005/001/018).
Wesentlich ist, dass für die Jahre 2023 und 2024 keine Änderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren vorzunehmen sind, selbst wenn rückwirkend geringere Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt werden. Arbeitgeber müssen in diesen Fällen keine Berichtigung nach § 41c Absatz 4 Einkommensteuergesetz anzeigen. Entsprechendes gilt, falls im Jahr 2025 eine Änderung des Lohnsteuerabzugs aufgrund bereits übermittelter Lohnsteuerdaten nicht mehr möglich ist. Entscheidend ist vielmehr, dass etwaige Rückzahlungen oder Verrechnungen der Pflegeversicherungsbeiträge im Jahr der tatsächlichen Erstattung oder Verrechnung korrekt in der Lohnsteuerbescheinigung berücksichtigt werden. Dort sind die entsprechenden Beträge von den in Zeile 26 auszuweisenden Pflegeversicherungsbeiträgen abzuziehen.
Digitales Datenaustauschverfahren und neue Verwaltungsprozesse
Zur Vereinfachung der Abläufe wurde mit § 55 Absatz 3c im Elften Sozialgesetzbuch ein digitales Datenaustauschverfahren eingeführt, das unter der Abkürzung DaBPV – Datenaustausch Pflegeversicherung – bekannt ist. Dieses Verfahren ist seit dem 1. Juli 2025 verbindlich anzuwenden und ermöglicht, dass die Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder automatisch zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Arbeitgebern übermittelt wird. Damit wird eine fehlerfreie und zeitnahe Anwendung der korrekten Beitragssätze gewährleistet. Arbeitgeber, die Arbeitnehmer bereits vor dem 1. Juli 2025 beschäftigt haben, müssen den sogenannten Initialabruf spätestens bis zum 31. Dezember 2025 durchführen.
Für Unternehmen bedeutet dies eine deutliche Entlastung, da die bisherige Pflicht entfällt, Nachweise zu Familienverhältnissen manuell zu prüfen und zu pflegen. Dennoch erfordert die Einführung des Datenaustauschverfahrens eine Anpassung der Lohnbuchhaltungssysteme. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sollten frühzeitig ihre Softwareanbieter einbinden, um eine reibungslose technische Umstellung sicherzustellen. IT-Dienstleister müssen die neuen Parameter des DaBPV in den Abrechnungsprozessen hinterlegen, damit die Pflegeversicherungsbeiträge korrekt und automatisch berechnet werden.
In der Einführungsphase kann es zu Rückfragen der Krankenkassen kommen, falls übermittelte Kinderzahlen unplausibel sind oder sich Änderungen im Familienstand ergeben. Arbeitgeber sollten in solchen Fällen ihre Belegunterlagen und internen Prozesse sorgfältig dokumentieren, um eine transparente Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Dies ist auch im Hinblick auf mögliche Prüfungen durch die Finanzverwaltung oder den Rentenversicherungsträger von Bedeutung.
Fazit und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Neuregelungen zur Vorsorgepauschale in Verbindung mit den angepassten Beitragssätzen in der Pflegeversicherung stellen einen weiteren wichtigen Schritt hin zur Digitalisierung und Vereinheitlichung der Lohnsteuer- und Sozialversicherungssysteme dar. Arbeitgeber stehen in der Übergangszeit vor der Herausforderung, bestehende Abrechnungsroutinen auf die neuen gesetzlichen Vorgaben auszurichten, ohne gleichzeitig eine Mehrbelastung für die Personalabteilung zu verursachen. Dabei ist zu beachten, dass rückwirkende Änderungen der Sozialversicherungsbeiträge steuerlich erst dann relevant werden, wenn sie tatsächlich verrechnet oder erstattet wurden. Eine nachträgliche Anpassung der Lohnsteuer für die Jahre 2023 bis 2025 ist ausdrücklich nicht erforderlich.
Für Betriebe jeder Größe, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, ergibt sich aus dieser Entwicklung eine klare Perspektive: Die Digitalisierung der Lohnabrechnung schreitet weiter voran, und wer seine Prozesse frühzeitig darauf ausrichtet, profitiert von höherer Genauigkeit, weniger Verwaltungsaufwand und einer minimalen Fehlerquote. Einheitliche elektronische Meldeverfahren wie das DaBPV stärken die Automatisierung im Personalwesen und tragen langfristig zu einer effizienteren Verwaltung bei. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung dieser Anforderungen mit praxisorientierten Lösungen, die die Digitalisierung der Buchhaltungsprozesse und die Optimierung interner Abläufe in den Vordergrund stellen. Durch unsere Erfahrung in der Beratung kleiner und mittelständischer Betriebe helfen wir, aus komplexen rechtlichen Änderungen nachhaltige Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen zu realisieren.
Gerichtsentscheidung lesen