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Recht

Verkehrssicherungspflicht im Winter: Grenzen der Räum- und Streupflicht

Ein Artikel von der Intelligent Accounting Steuerberatungsgesellschaft Kassel

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Räum- und Streupflicht auf Betriebsgrundstücken im Lichte aktueller Rechtsprechung

Betriebe, die in den Wintermonaten Warenverkehr, Mitarbeiterbewegungen und Lieferantenverkehr auf ihrem Gelände haben, stehen regelmäßig vor der Frage, in welchem Umfang sie ihrer sogenannten Verkehrssicherungspflicht nachkommen müssen. Diese Pflicht umfasst die rechtliche Verantwortung, Gefahrenquellen so zu sichern, dass Dritte – insbesondere Kunden, Mitarbeitende oder externe Dienstleister – keine vermeidbaren Schäden erleiden. Maßstab dabei ist stets, was ein verständiger, umsichtiger Verkehrsteilnehmer nach den Umständen erwarten darf.

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 25. Februar 2025 (Az. 173 C 24363/24) hierzu erneut klargestellt, dass die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei winterlicher Glätte nicht überzogen werden dürfen. Im konkreten Fall hatte ein Lkw-Fahrer auf einem Betriebsgelände eine Eisplatte übersehen, war gestürzt und hatte sich das Handgelenk gebrochen. Der Fahrer machte Schmerzensgeld geltend, konnte aber keinen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht des Unternehmens nachweisen. Das Gericht entschied, dass keine Verletzung der Räum- und Streupflicht vorlag und wies die Klage ab.

Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit als zentrale Kriterien

Die Entscheidung betont die Grundsätze von Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit bei der Beurteilung der Verkehrssicherungspflichten. Räum- und Streupflichten bestehen zwar grundsätzlich, doch sind sie nach Art, Größe und Nutzung des Geländes differenziert zu bewerten. Ein Betriebsgelände, das vornehmlich dem ruhenden und fließenden Fahrzeugverkehr dient, ist nicht mit einem stark frequentierten Gehweg gleichzusetzen. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass Unternehmen nicht verpflichtet sind, ihre gesamten Flächen flächendeckend und durchgängig eisfrei zu halten. Eine Pflicht zur Streuung besteht nur dort, wo mit einer erheblichen Gefährdung zu rechnen ist – etwa an häufig begangenen Wegen, Eingängen oder auf Erschließungsflächen mit regelmäßigem Personenverkehr.

Daraus folgt, dass Unternehmer, insbesondere Betreiber größerer Betriebsgelände, Parkplätze oder Ladezonen, eine sinnvolle Priorisierung bei ihren Winterdiensten vornehmen dürfen. Der Grad der Sicherungspflicht richtet sich immer nach der Wahrscheinlichkeit und Schwere möglicher Verletzungen. Einzelne Glättestellen, die witterungsbedingt kurzfristig entstehen und schwer erkennbar sind, müssen daher nicht zwingend sofort beseitigt werden, sofern sie keine erhebliche Gefahr darstellen.

Praktische Bedeutung für Unternehmen und Einrichtungen

Für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für öffentliche oder private Einrichtungen wie Pflegeheime oder Krankenhäuser, ergeben sich aus dieser Entscheidung wichtige Handlungsspielräume. Sie können ihre betrieblichen Winterdienstkonzepte unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gestalten, solange die Gefährdungslage realistisch eingeschätzt und dokumentiert wird. Eine gerichtsfeste Organisation der Verkehrssicherung beginnt mit einer nachvollziehbaren Gefahrenanalyse. Dabei können vorhandene Risiken in Kategorien eingeteilt und angemessene Maßnahmen – wie regelmäßige Sichtkontrollen, gezieltes Streuen besonders frequentierter Zonen oder die Einrichtung klarer Wegeführungen – abgeleitet werden.

Wird dieser Prozess dokumentiert und von der Geschäftsleitung oder den für Arbeitssicherheit zuständigen Personen verantwortet, entsteht eine nachvollziehbare Beweiskette, die im Streitfall den Nachweis geordneter Abläufe ermöglicht. Entscheidend ist, dass Betriebe, insbesondere solche mit Lieferverkehr, auch fremde Fahrer oder Besucher nicht sich selbst überlassen, sondern grundlegende Sicherheitshinweise oder Zugangsregelungen bereitstellen. Unternehmen können darüber hinaus auf Selbstschutzpflichten der Nutzer verweisen, da nach der Rechtsprechung jeder Verkehrsteilnehmer selbst zur Achtsamkeit verpflichtet bleibt.

Fazit: Rechtssicherheit durch klare Strukturen und Digitalisierung

Die Entscheidung des Amtsgerichts München unterstreicht, dass Unternehmen keine absolute Sicherheit garantieren müssen, sondern lediglich das ihnen Zumutbare leisten. Perfekte Lösungen werden weder rechtlich verlangt noch sind sie praktisch oder wirtschaftlich sinnvoll. Entscheidend ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand und Schutzwirkung sowie eine dokumentierte Routine, die erkennen lässt, dass potenzielle Gefahrenquellen ernst genommen und im Rahmen des Möglichen adressiert werden. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist dies eine gute Nachricht, da sie verpflichtet sind, wirtschaftlich, aber dennoch rechtskonform zu handeln.

Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen dabei, ihre internen Prozesse – insbesondere im Bereich der Buchhaltung und betrieblichen Organisation – zu digitalisieren und effizient zu gestalten. Durch gezielte Prozessoptimierung und den Einsatz digitaler Lösungen helfen wir kleinen und mittelständischen Betrieben, Kosten zu senken und gleichzeitig die Compliance- und Dokumentationsanforderungen zu erfüllen. So entsteht nachhaltige Rechtssicherheit, die sowohl organisatorisch als auch wirtschaftlich überzeugt.

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