Gebührenfestsetzung bei verbindlichen Auskünften: Hintergründe und Regelungskontext
Mit Urteil vom 3. Juli 2025 (Az. IV R 6/23) hat der Bundesfinanzhof die Frage geklärt, wie Gebühren zu erheben sind, wenn mehrere Personen gemeinsam eine verbindliche Auskunft beantragen. Eine verbindliche Auskunft ist eine förmliche Erklärung des Finanzamts zu noch nicht verwirklichten Sachverhalten, deren steuerliche Auswirkungen im Voraus verbindlich festgestellt werden. Sie dient Steuerpflichtigen dazu, Rechts- und Planungssicherheit für geplante Maßnahmen zu schaffen. Rechtsgrundlage für diese Auskünfte ist § 89 der Abgabenordnung, der zugleich die Pflicht zur Erhebung von Gebühren vorsieht. Das Gericht befasste sich insbesondere mit der Situation von sogenannten Mehrpersonenverhältnissen, bei denen mehrere Steuerpflichtige einen Antrag gemeinsam stellen, etwa bei Umstrukturierungen von Unternehmensbeteiligungen, Betriebsübertragungen oder Umwandlungsmaßnahmen. Strittig war die Frage, ob das Finanzamt für jeden Antragsteller eine eigene Auskunftsgebühr im Höchstbetrag festsetzen darf oder ob nur eine einheitliche Gebühr verlangt werden darf, für die alle Beteiligten gesamtschuldnerisch haften.
Vorangegangen war ein Umstrukturierungsvorhaben, bei dem mehrere Gesellschafter ihre Anteile in eine neue GmbH & Co. KG einbringen und im Anschluss in eine GmbH umwandeln wollten. Alle Beteiligten beantragten gemeinsam eine verbindliche Auskunft, um die steuerliche Neutralität des Vorgangs sicherzustellen. Das Finanzamt erteilte zwar eine einheitliche Auskunft, stellte jedoch jedem Gesellschafter einen gesonderten Gebührenbescheid in Höhe der Höchstgebühr zu. Dagegen klagten die Antragsteller mit Erfolg. Der Bundesfinanzhof hat nun in letzter Instanz bestätigt, dass in solchen Fällen nur eine einheitliche Gebühr festzusetzen ist.
Neue Leitlinien zur Auslegung des § 89 Abgabenordnung
Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die Regelung des § 89 Abs. 3 Satz 2 Abgabenordnung eine abschließende Antwort auf die Gebührenfrage bietet. Danach ist bei einer einheitlichen Auskunftserteilung an mehrere Personen nur eine Gebühr zu erheben, und zwar unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Steuer-Auskunftsverordnung vorliegen. Entscheidend sei allein, dass die Auskunft tatsächlich gegenüber allen Antragstellern einheitlich erteilt wird.
- Das Gericht widersprach der Auffassung des Finanzamts, wonach die Regelungen der Steuer-Auskunftsverordnung eine abschließende Einschränkung der Einzelfälle darstellen würden. Vielmehr habe der Gesetzgeber gerade mit der Einführung von § 89 Abs. 3 Satz 2 Abgabenordnung auf die frühere Praxis reagiert, wonach in Mehrpersonenverhältnissen Mehrfachgebühren anfielen.
- Die Einheitlichkeit sei nach dem objektiven Regelungsinhalt der erteilten Auskunft zu beurteilen, nicht nach formalen Gesichtspunkten. Dass das Finanzamt in der Praxis mehrere gleichlautende Bescheide erstellt hat, ändern nichts daran, dass es sich inhaltlich um eine einzige verbindliche Auskunft handelt.
- Die Kostenfunktion der Gebühr, nämlich sowohl Verwaltungsaufwand abzugelten als auch den Vorteil der steuerlichen Klarheit auszugleichen, stehe dieser einheitlichen Behandlung nicht entgegen. Schließlich sei es gesetzgeberische Entscheidung, in Mehrpersonenverhältnissen nur eine Gebühr vorzusehen.
Damit stärkte das Gericht die Rechtsposition von Unternehmen, Unternehmensverbänden und Zusammenschlüssen, die in gemeinsamen Vorhaben auf steuerliche Klarheit angewiesen sind. Speziell für Konstellationen wie Unternehmensumwandlungen, Organschaften oder Beteiligungsumstrukturierungen bringt die Entscheidung erhebliche finanzielle Erleichterung, da die Gefahr einer multiplen Gebührenbelastung entfällt.
Konkrete Konsequenzen für Unternehmen, Steuerberater und Finanzpraxis
Für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für Einrichtungen wie Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Onlinehändler, die häufig in Unternehmensgruppen organisiert sind, ist die Entscheidung in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Werden mehrere Gesellschafter, Partner oder Beteiligte in einheitliche steuerliche Gestaltungen eingebunden, ermöglicht das Urteil eine klare Kalkulation der möglicherweise erheblichen Gebühren für verbindliche Auskünfte. Statt einer mehrfachen Belastung mit Gebühren von bis zu über 100.000 Euro reicht künftig die Zahlung einer einheitlichen Höchstgebühr, für die alle Antragsteller gesamtschuldnerisch einstehen. Dies kann insbesondere bei Umwandlungsfällen oder Beteiligungstransaktionen einen entscheidenden Kostenfaktor reduzieren.
Für Steuerberater eröffnet das Urteil die Möglichkeit, Mandanten im Vorfeld einer Antragstellung gezielt auf die richtige Formulierung des Antrags hinzuweisen. Entscheidend ist, dass der Antrag eindeutig als gemeinsamer und einheitlicher Antrag gestellt wird. In der Praxis bedeutet dies, dass für Familienunternehmen, Unternehmensgruppen oder Zusammenschlüsse von Trägergesellschaften in der Gesundheits- und Pflegebranche strategisch eine gemeinsame Antragstellung empfohlen werden sollte. Auch für Onlinehändler, die im Verbund agieren, ist die einheitliche Auskunftsbeantragung ein Instrument, um einerseits Planungssicherheit zu schaffen und andererseits in der Kostenstruktur wettbewerbsfähig zu bleiben.
Für Finanzinstitutionen, aber auch für die öffentliche Hand, ist die Rechtsklarstellung bedeutsam, da sie Streitigkeiten und Prozesse vermeiden hilft. Die Finanzämter sind künftig verpflichtet, bei einheitl ich erteilten Auskünften nur eine Gebühr zu erheben. Das erleichtert die Vorhersehbarkeit und verhindert Doppelbelastungen. Gerade bei komplexen Umwandlungsvorgängen, bei denen oftmals hohe Summen im Raum stehen, ist diese Sicherheit von wesentlicher Bedeutung.
Schlussfolgerungen und Ausblick für die Unternehmenspraxis
Das Urteil des Bundesfinanzhofs bringt für Unternehmen und ihre Berater eine klare Leitlinie: Liegt ein einheitlich beantragtes und vom Finanzamt einheitlich bescheidenes Auskunftsersuchen vor, darf nur eine Gebühr erhoben werden. Damit wird eine über viele Jahre kritisierte Mehrfachbelastung endgültig beseitigt. Für die Praxis bedeutet dies nicht nur Planbarkeit, sondern auch eine deutliche Entlastung bei größeren Projekte n, die mehrere Beteiligte betreffen.
Unternehmen aller Größenordnungen sollten die Chance nutzen, verbindliche Auskünfte bei geplanten Umstrukturierungen oder größeren steuerlichen Weichenstellungen in Anspruch zu nehmen. Dabei lohnt es sich, auf eine saubere und einheitliche Antragstellung zu achten, um von den Vorteilen dieser Rechtsprechung zu profitieren. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen können ihren Liquiditäts- und Investitionsspielraum deutlich erweitern, wenn keine mehrfachen Gebührenzahlungen drohen.
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