Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und maßgeblicher Referenzzeitraum
Die Frage der Urlaubsabgeltung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist für viele Arbeitgeber von großer praktischer Bedeutung. Dies gilt insbesondere dann, wenn langjährige Mitarbeiter ausscheiden und noch offene Urlaubsansprüche bestehen. Mit der Entscheidung vom 3. Juni 2025 (Aktenzeichen 9 AZR 137/24) hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, wie der Geldfaktor für die Berechnung von Urlaubsabgeltungsansprüchen zu bestimmen ist und auf welchen Zeitpunkt Arbeitgeber abstellen müssen. Dies ist nicht nur für Industrieunternehmen oder Handwerksbetriebe relevant, sondern auch für Pflegeeinrichtungen, kleinere Dienstleister und Onlinehändler, die bei der Kalkulation ihrer Personalkosten zunehmend mit rechtssicheren Urlaubsregelungen konfrontiert werden.
Die Entscheidung betraf eine Arbeitnehmerin, die nach jahrelanger Beschäftigung arbeitsunfähig geworden war und schließlich eine volle Erwerbsminderungsrente bezog. Bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses stellte sich die Frage, ob für die Abgeltung ihres Resturlaubs aus früheren Jahren der zum damaligen Zeitpunkt maßgebliche Lohn oder aber der bei Beendigung gültige gesetzliche Mindestlohn heranzuziehen ist. Das Bundesarbeitsgericht entschied eindeutig, dass der maßgebliche Lohn im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt, auch wenn der Urlaubsanspruch aus Jahren davor stammt.
Rechtliche Begründung und Kernaussagen der Entscheidung
Die Grundlage für die Urlaubsabgeltung findet sich in § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz. Danach ist Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, finanziell abzugelten. Die Berechnungsweise ergibt sich aus § 11 Bundesurlaubsgesetz. Hier wird der Grundsatz des Referenzzeitraums verankert: Das Urlaubsentgelt orientiert sich am durchschnittlichen Arbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs oder, bei Beendigung, vor Ende des Arbeitsverhältnisses.
Das Bundesarbeitsgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass bei der Abgeltung nach Beendigung der Beschäftigung nicht auf alte Lohnhöhen abzustellen ist, sondern auf das im Beendigungszeitpunkt geltende Niveau, das auch einen gestiegenen Mindestlohn berücksichtigt. Diese Auslegung folgt sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes als auch aus europarechtlichen Vorgaben, wonach Arbeitnehmer für Urlaubszeiten finanziell so gestellt werden müssen, als hätten sie ihre reguläre Arbeitsleistung erbracht. Ein Absinken des Anspruchsniveaus aufgrund von Krankheit, Erwerbsminderung oder zeitlichem Verzug ist demnach ausgeschlossen.
Bedeutung für kleine und mittelständische Unternehmen
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Arbeitgeber beim Ausscheiden von Mitarbeitenden Urlaubsabgeltungsansprüche möglicherweise höher als erwartet bewerten müssen. Entscheidend ist nicht der Lohn aus der Vergangenheit, sondern der aktuelle Wert zum Zeitpunkt des Ausscheidens. Dies kann insbesondere dann ins Gewicht fallen, wenn sich der gesetzliche Mindestlohn in der Zwischenzeit mehrfach erhöht hat. Für kleine Unternehmen, Pflegeeinrichtungen oder Onlinehändler, die oft mit knappen Margen kalkulieren, bedeutet dies eine direkte Kostenbelastung, die zwingend in die Personal- und Finanzplanung einzubeziehen ist.
Für Unternehmen ergibt sich daraus ein Handlungsbedarf in zweierlei Hinsicht. Zum einen sollten Arbeitgeber systematisch die Urlaubsansprüche ihrer Beschäftigten dokumentieren und im laufenden Arbeitsverhältnis darauf achten, dass Resturlaub rechtzeitig gewährt wird, um spätere Abgeltungen zu vermeiden. Zum anderen sollten Lohnbuchhaltungen und Steuerkanzleien bei der Berechnung von Rückstellungen für Personalaufwendungen stets den aktuellen Gesetzesstand berücksichtigen. Auch für die Beratung von Mandanten im Mittelstand spielt dies eine zentrale Rolle, da Rückstellungen in Bilanz und Steuererklärungen korrekt erfasst werden müssen, um Nachzahlungen oder bilanziellen Fehlbewertungen vorzubeugen.
Schlussfolgerungen für die Unternehmenspraxis
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts stellt klar, dass Arbeitgeber nicht von alten Lohnhöhen ausgehen dürfen, sondern bei der Urlaubsabgeltung den im Beendigungszeitpunkt gültigen gesetzlichen Mindestlohn zugrunde legen müssen. Für die Personalplanung ist dies von erheblicher Relevanz, da die Urlaubsabgeltung im Zweifel teurer ausfallen kann als vor Jahren veranschlagt. Besonders kleinere und mittelständische Betriebe sind gut beraten, sich frühzeitig mit möglichen finanziellen Folgen auseinanderzusetzen und entsprechende Rücklagen zu bilden.
Unsere Kanzlei unterstützt hierbei umfassend. Wir betreuen kleine und mittelständische Unternehmen verschiedenster Branchen – von Pflegeeinrichtungen über Onlinehändler bis hin zu klassischen Handwerksbetrieben – und haben uns auf Prozessoptimierung und Digitalisierung in der Buchhaltung spezialisiert. Damit helfen wir unseren Mandanten nicht nur rechtssicher, sondern auch effizient zu arbeiten, was letztlich erhebliche Kostenersparnisse ermöglicht.
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