Beschränkung der Abschreibung nach § 7i EStG auf inländische Baudenkmale – Hintergrund und steuerrechtlicher Kontext
Mit Urteil vom 3. September 2025 (Az. X R 19/22) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuervergünstigung nach § 7i Einkommensteuergesetz weiterhin ausschließlich für im Inland gelegene Baudenkmale gilt. Die Entscheidung betrifft die sogenannte Denkmal-AfA, die es Eigentümerinnen und Eigentümern historischer Gebäude erlaubt, bestimmte Sanierungskosten steuerlich begünstigt abzusetzen. Streitentscheidend war die Frage, ob diese Vergünstigung auch für in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union belegene Denkmäler anzuwenden ist. Im konkreten Fall hatten Steuerpflichtige in Polen ein denkmalgeschütztes Anwesen saniert und begehrten die Anwendung der erhöhten Abschreibungssätze nach § 7i Einkommensteuergesetz. Das Finanzamt und später auch der Bundesfinanzhof lehnten dies ab.
Die Regelung des § 7i Einkommensteuergesetz zielt darauf ab, das nationale kulturgeschichtliche Erbe Deutschlands zu erhalten. Der Gesetzgeber stellt dabei ausdrücklich auf Gebäude ab, die nach deutschem Landesrecht als Baudenkmale anerkannt sind. Nur in diesen Fällen wird für bestimmte Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen eine außergewöhnlich hohe steuerliche Abschreibung von bis zu neun Prozent in den ersten acht Jahren und sieben Prozent in den folgenden vier Jahren zugestanden. Dieses steuerliche Förderinstrument dient einerseits der Denkmalpflege, andererseits aber auch dem Schutz und der Revitalisierung historischer Bausubstanz innerhalb Deutschlands.
Die Klägerinnen und Kläger argumentierten, diese Inlandsbeschränkung verstoße gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten, insbesondere gegen die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit. Sie sahen sich gegenüber inländischen Eigentümern benachteiligt, obwohl ihre Investition innerhalb der EU liege. Der Bundesfinanzhof folgte dieser Argumentation jedoch nicht und bestätigte die bisherige Rechtsprechungslinie.
Unionsrechtliche Einordnung und tragende Gründe der Entscheidung
Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass das Inlandserfordernis des § 7i Einkommensteuergesetz unionsrechtskonform ist. Diese Einschätzung stützt sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere auf das Urteil vom 18. Dezember 2014 (C‑87/13). Danach kann ein Mitgliedstaat den Steuerabzug auf im Inland belegene Denkmale beschränken, wenn die steuerliche Förderung ausdrücklich dem Schutz des eigenen kulturellen Erbes dient. Der Gerichtshof betonte, dass die Situationen gebietsansässiger und gebietsfremder Eigentümer nicht vergleichbar seien, wenn es um die Förderung nationaler Schutzgüter gehe. Darüber hinaus besteht keine Diskriminierung, solange auch ausländische Eigentümer begünstigt werden können, sofern sie in Deutschland belegene Denkmäler sanieren.
Der Bundesfinanzhof prüfte im Detail, ob dennoch ein Ausnahmefall vorliegen könnte. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wäre eine Begünstigung denkbar, wenn ein ausländisches Denkmal objektiv zum deutschen kulturgeschichtlichen Erbe zählt. Ein solches Gebäude könnte etwa dann vorliegen, wenn es eine besondere historische Verbindung zur deutschen Geschichte aufweist und daher theoretisch unter das deutsche Denkmalschutzsystem fallen könnte. Im vorliegenden Fall war dies nicht gegeben, weshalb § 7i Einkommensteuergesetz nicht unionsrechtswidrig angewandt wurde. Die Kläger hatten auch keinen entsprechenden Nachweis erbracht.
Das Gericht befasste sich ferner mit der Frage, ob durch die rein innerstaatliche Ausgestaltung der Bescheinigungsvorschrift in § 7i Absatz 2 Einkommensteuergesetz eine verdeckte Diskriminierung vorliegt. Diese Vorschrift verlangt, dass die Denkmaleigenschaft durch eine deutsche Behörde bescheinigt wird. Da dies bei im Ausland gelegenen Gebäuden naturgemäß nicht möglich ist, sahen die Klägerinnen hierin eine unionsrechtswidrige Ungleichbehandlung. Der Bundesfinanzhof hielt dem entgegen, dass die Bescheinigungsvoraussetzung schon ihrem Zweck nach nur für inländische Denkmäler vorgesehen ist und damit die Systematik der Förderung wahrt. Das Fehlen einer EU-weiten Anerkennungspflicht sei im Licht der Rechtsprechung ohne Relevanz, solange das Ziel – der Schutz des deutschen Kulturerbes – gewahrt bleibt.
Konsequenzen für Unternehmen, Immobilieninvestoren und Spezialbranchen
Für Unternehmen, die in historische Gebäude investieren, bestätigt das Urteil die klare nationale Begrenzung der steuerlichen Förderung. Kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere solche mit grenzüberschreitenden Investitionen, sollten beachten, dass für denkmalgeschützte Immobilien im Ausland keine erhöhten Abschreibungssätze nach deutschem Einkommensteuerrecht beansprucht werden können. Dies betrifft gleichermaßen Immobiliengesellschaften, Hotelbetriebe, Pflegeeinrichtungen oder Kliniken, die ihr Immobilienportfolio diversifizieren und dabei Liegenschaften innerhalb der Europäischen Union erwerben. Wird etwa ein Krankenhausunternehmen oder eine Pflegeeinrichtung Eigentümerin eines historischen Gebäudes in einem Nachbarstaat, das dort unter Denkmalschutz steht, kann es die steuerlichen Vorteile des § 7i Einkommensteuergesetz nicht nutzen. Auch gewerbliche Onlinehändler oder mittelständische Produktionsbetriebe, die Betriebsstätten im Ausland entwickeln, können diese Abschreibung nur für im Inland gelegene Denkmäler geltend machen.
Für Steuerberatende und Finanzdienstleister bedeutet diese Entscheidung, dass grenzüberschreitende Investitionsstrukturen weiterhin sorgfältig steuerlich zu planen sind. In der Praxis kann eine steuerlich optimierte Gestaltung insbesondere darin bestehen, Sanierungsmaßnahmen im Ausland über die lokalen steuerlichen Förderinstrumente abzubilden und diese in die Gesamtsteuerstrategie zu integrieren. Eine Übertragung deutscher Sonderabschreibungen auf ausländische Kulturobjekte bleibt rechtlich ausgeschlossen. Deshalb ist für jede Investition zu prüfen, welche Förderung das jeweilige nationale Recht vorsieht. Gerade mittelständische Bau- und Pflegeunternehmen sollten sich frühzeitig steuerlich beraten lassen, um Förderlücken zu vermeiden und die Finanzierungsmodelle optimal aufeinander abzustimmen.
Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass § 7i Einkommensteuergesetz einer engen teleologischen Auslegung unterliegt. Die Norm verfolgt ein klar umrissenes Ziel: den Schutz deutscher Denkmale. Eine extensive Auslegung würde dem gesetzgeberischen Zweck widersprechen und liefe Gefahr, den verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers zu überschreiten. Der Bundesfinanzhof betont, dass die Anwendung nationaler Denkmalschutzförderungen auf ausländische Objekte weder durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts noch durch eine unionsrechtskonforme Reduktion des Gesetzeswortlauts geboten ist. Unternehmen mit internationalem Immobilienbesitz müssen daher in ihrem Risikomanagement besonders darauf achten, dass steuerliche Begünstigungen territorial begrenzt bleiben.
Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlung für Unternehmen
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs stärkt die Rechtssicherheit im Bereich der steuerlichen Denkmalförderung, zugleich aber auch die Verantwortung der Steuerpflichtigen, ihre Investitionsentscheidungen an nationale Grenzen anzupassen. Eine europäische Harmonisierung der steuerlichen Förderung denkmalgeschützter Gebäude ist derzeit nicht absehbar. Daher sollten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, aber auch institutionelle Investoren, die Investitionen im Ausland planen, frühzeitig prüfen, welche steuerlichen Wirkungen im Inland und Ausland entstehen. Für Betriebe mit Liegenschaften sowohl in Deutschland als auch im Ausland kann dies eine differenzierte Buchhaltungs- und Steuerstrategie erfordern, um keine nationalen Vorteile zu verlieren.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei der steuerlichen Strukturierung und bei der Digitalisierung der Buchhaltungsprozesse. Mit unserem Schwerpunkt auf Prozessoptimierung und digitaler Effizienz helfen wir unseren Mandantinnen und Mandanten, Kosten nachhaltig zu senken und steuerliche Potenziale national wie international gezielt zu nutzen.
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