Neuausrichtung des Berufsrechts für rechts- und steuerberatende Berufe
Das Berufsrecht der rechts- und steuerberatenden Berufe steht vor einer grundlegenden Neuregelung. Ein vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegter Gesetzentwurf strebt eine Überarbeitung der aufsichtsrechtlichen Verfahren, der gerichtlichen Zuständigkeiten sowie der Regeln zur Kanzleiabwicklung an. Dieses Reformvorhaben greift tief in die Struktur der beruflichen Selbstverwaltung ein und betrifft unmittelbar Rechtsanwälte, Steuerberater und deren Kammern. Ziel ist eine stärkere Transparenz und ein moderneres, digital unterstütztes Aufsichtsrecht, das die rechtssichere und effiziente Berufsausübung unterstützt.
Wesentlicher Bestandteil des Reformprozesses ist die Unterscheidung zwischen präventiven und repressiven Maßnahmen der Kammern. Präventive Maßnahmen sollen dabei beratenden Charakter haben und der frühzeitigen Klärung von Unsicherheiten dienen, während repressive Schritte wie förmliche Rügen der Sanktionierung tatsächlicher Verstöße vorbehalten bleiben. Damit sollen jahrelange Unklarheiten um die bisherige „missbilligende Belehrung“ beendet werden, die sich weder eindeutig als Empfehlung noch als Verwaltungsakt einordnen ließ.
Neue Struktur der Aufsicht und verbesserter Rechtsschutz
Im Zuge der Reform soll für Rechtsbehelfe gegen aufsichtsrechtliche Maßnahmen künftig einheitlich das Anwaltsgericht zuständig sein. Dieses Vorgehen orientiert sich an der Verwaltungsgerichtsordnung, was eine Angleichung der Verfahren innerhalb der berufsständischen Selbstverwaltung bewirken soll. Für kleine und mittlere Kanzleien bedeutet dies einen klar geregelten Rechtsweg, der Verfahrenssicherheit herstellt und zugleich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stärkt. Besonders begrüßenswert ist, dass gegen Rügen künftig die Revision zum Anwaltsgerichtshof möglich sein soll, wodurch eine überregionale Harmonisierung gewährleistet wird.
Die Bundesrechtsanwaltskammer fordert allerdings, dass für Rügen weiterhin das strengere Regelwerk der Strafprozessordnung gelten sollte. Der Grund liegt in der engen Nähe der Berufsaufsicht zum strafrechtlichen Sanktionscharakter. Eine doppelte Verfahrensordnung erfordert es zudem, die damit betrauten Richterinnen und Richter auf die künftig parallele Anwendung verwaltungs- und strafprozessrechtlicher Normen vorzubereiten. Hier sieht die Kammer die Notwendigkeit, Übergangsfristen einzuplanen und Schulungsangebote zu verstärken.
Darüber hinaus wird eine gesetzliche Grundlage für die Einstellung von Aufsichtsverfahren bei geringer Schuld gefordert. Die Praxis zeigt, dass gerade kleinere Kanzleien oder Einzelanwälte durch geringfügige Verstöße schnell in komplexe Verfahren geraten, deren Aufwand in keinem Verhältnis zum Vergehen steht. Eine kodifizierte Einstellungsmöglichkeit würde hier für mehr Rechtssicherheit sorgen und die Ressourcen der Kammern entlasten.
Digitalisierung des Berufsrechts und Vereinfachungen im Kanzleialltag
Von großer praktischer Bedeutung sind die vorgesehenen Änderungen im Bereich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, kurz beA, sowie bei den von den Kammern geführten Verzeichnissen. Durch verbesserte Schnittstellen und vereinfachte Übermittlungswege soll die Kommunikation zwischen Kanzleien, Kammern und Gerichten weiter digitalisiert werden. Auch die Bundesrechtsanwaltskammer als Betreiberin des Gesamtverzeichnisses soll künftig von einer klareren Struktur profitieren. Diese Digitaloffensive wird insbesondere kleineren Kanzleien zugutekommen, die durch vereinfachte Verfahren ihre Verwaltungskosten senken und Mandatsangelegenheiten effizienter abwickeln können.
Für Syndikusrechtsanwälte, also angestellte Juristen, die neben ihrer Tätigkeit beim Arbeitgeber eine Zulassung als Rechtsanwalt besitzen, ist vorgesehen, dass für die Zulassung künftig eine einfache Kopie des Arbeitsvertrags ausreichen soll. Damit wird das Verfahren deutlich unbürokratischer und beschleunigt, was den administrativen Aufwand auf Seiten der Kammern und der Antragsteller spürbar senkt. Ebenso schlägt die Kammer vor, auch Widerrufsverfahren zu verschlanken und bürokratische Pflichten, wie die Beteiligung der Deutschen Rentenversicherung Bund, zu streichen, da diese aus Datenschutzgründen nicht praktikabel ist.
Neues Konzept für Kanzleiabwicklungen und praktische Folgen für die Berufsträger
Einen Kernbereich der Reform stellt die Neuordnung der Kanzleiabwicklung dar. Bislang müssen Kammern für die Kosten einstehen, wenn ein Abwickler, also eine von der Kammer bestellte Person zur Fortführung der Mandate eines ausgeschiedenen Berufsträgers, seine Vergütung nicht realisieren kann. Diese Haftung hat in den letzten Jahren zu erheblichen finanziellen Belastungen geführt, zumal die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Anhebung der Abwicklervergütung vorsieht. Der Gesetzentwurf sieht nun eine Limitierung der Haftung vor: Übersteigen die zu erwartenden Kosten zehntausend Euro, darf die Kammer die Fortführung laufender Mandate verweigern. Dies soll die Haushalte der Kammern schützen und gleichzeitig den Anreiz erhöhen, wirtschaftlich tragfähige Lösungen für Abwicklungen zu finden.
Die Bundesrechtsanwaltskammer geht einen Schritt weiter und schlägt einen Paradigmenwechsel vor: Der Abwickler soll künftig alle laufenden Mandate innerhalb von sechs Monaten beenden, damit die Mandanten rechtzeitig neue Vertretungen beauftragen können. Dies wäre ein praxisnaher Ansatz, der die Balance zwischen Mandantenschutz und finanzieller Tragfähigkeit wahrt. Einerseits könnten die Kammern ihre Risiken kalkulierbarer steuern, andererseits wäre gewährleistet, dass Mandate geordnet übergeben oder abgeschlossen werden. Für kleine und mittlere Kanzleien, die häufig mit der Frage der Nachfolge oder Berufsaufgabe konfrontiert sind, bietet eine klar strukturierte Regelung hohe Rechtssicherheit. Besonders in Branchen mit hohen Mandatsvolumina, wie Steuerberatung, Pflegewirtschaft oder Gesundheitswesen, kann eine planbare Kanzleiabwicklung entscheidend zur Stabilität der Berufsausübung beitragen.
Darüber hinaus erlaubt das neue Konzept, Kanzleiabwicklungen als Teil eines digital unterstützten Prozesses zu gestalten. Aktenübertragungen, Vollmachtsnachweise und Fristenverwaltung können durch digitale Kanzleisysteme effizient koordiniert werden. Damit bietet die anstehende Reform nicht nur rechtliche, sondern auch technologische Chancen für eine moderne, vernetzte Berufsausübung.
Fazit: Reform als Chance für Transparenz und digitale Effizienz
Die anstehende Reform des Berufsrechts markiert einen wichtigen Schritt hin zu mehr Klarheit, Rechtssicherheit und digitaler Kompetenz in der Selbstverwaltung der rechts- und steuerberatenden Berufe. Sie modernisiert das Aufsichtsrecht, stärkt den Rechtsschutz der Berufsausübenden und bringt dringend benötigte Vereinfachungen im Verfahrensrecht. Besonders die geplanten Anpassungen zur Kanzleiabwicklung und zum elektronischen Rechtsverkehr eröffnen neue Potenziale für effizientere Prozesse und Kosteneinsparungen. Für Berufsträgerinnen und Berufsträger jeder Kanzleigröße, insbesondere im kleinen und mittleren Segment, ergeben sich damit konkrete Chancen zur Professionalisierung und Entlastung im administrativen Bereich.
Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen auf dem Weg dieser Digitalisierung, unterstützt bei der Prozessoptimierung in der Buchhaltung und trägt durch erprobte digitale Lösungen zu spürbaren Kosteneffekten bei. Mit unserer Erfahrung in der Prozessanalyse und in der Umsetzung digitaler Kanzleistrukturen stellen wir sicher, dass unsere Mandanten von den Veränderungen im Berufsrecht auch wirtschaftlich profitieren.
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