Hintergrund der Entscheidung und rechtlicher Rahmen
Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mit dem Aktenzeichen 8 AZN 326/25 vom 23. Juli 2025 behandelt zentrale Fragen zur Nichtzulassungsbeschwerde sowie zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Der Kläger hatte gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Sächsische Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Beide Anträge wurden zurückgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren und die Verfolgung des Rechtsbehelfs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte. Besonders relevant ist dabei die Abgrenzung, wann eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 Arbeitsgerichtsgesetz tatsächlich vorliegt und wann nicht. Divergenz bedeutet, dass ein Gericht von einem bereits aufgestellten abstrakten Rechtssatz eines anderen, dafür zuständigen Gerichts abweicht. Hier stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass Entscheidungen in Prozesskostenhilfeverfahren nicht geeignet sind, Divergenz zu begründen, da sie lediglich vorläufige rechtliche Einschätzungen enthalten.
Damit wurde eine wichtige Klarstellung zur Reichweite von Prozesskostenhilfeentscheidungen im arbeitsgerichtlichen Kontext getroffen. Gleichzeitig stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechtssicherheit hinsichtlich der Leitplanken für Nichtzulassungsbeschwerden.
Rechtliche Bewertung und Abgrenzung durch das Bundesarbeitsgericht
Das Bundesarbeitsgericht verweist ausdrücklich auf den Zweck der Divergenzrüge im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde. Diese soll sicherstellen, dass eine einheitliche Rechtsprechung gewährt bleibt, indem abweichende abstrakte Rechtssätze höherer Gerichte überprüft werden können. Bei einem Beschluss über Prozesskostenhilfe werden jedoch keine endgültig verbindlichen Rechtsgrundsätze aufgestellt, sondern lediglich die hinreichende Erfolgsaussicht einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geprüft. Nach § 114 Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung wird lediglich eine wirtschaftliche Erleichterung ermöglicht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Eine solche Entscheidung entfaltet keine Bindungswirkung für den materiellen Rechtsstreit, da sie nur der vorläufigen Einschätzung dient und durch dasselbe Gericht später inhaltlich anders entschieden werden könnte.
Das Gericht betonte, dass auf diese Weise keine Gefahr für die Rechtseinheit besteht. Ein Fall von Divergenz liegt daher nicht vor, wenn die angeführte abweichende Entscheidung ausschließlich aus einem Prozesskostenhilfeverfahren stammt. Im Ergebnis unterstreicht das Bundesarbeitsgericht, dass die Schwelle zur Zulassung einer Revision hoch bleibt und nur dann überschritten wird, wenn tatsächlich eine inhaltlich abweichende dogmatische Leitentscheidung einer höheren Instanz vorliegt.
Bedeutung für Unternehmen, Steuerberater und Finanzinstitutionen
Für Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische Betriebe, Onlinehändler oder Pflegeeinrichtungen, ergeben sich aus dieser Entscheidung wichtige Hinweise für den Umgang mit arbeitsgerichtlichen Verfahren. Auch wenn Prozesskostenhilfe für Arbeitnehmer in Arbeitsrechtsstreitigkeiten eine gängige Möglichkeit darstellt, um finanzielle Belastungen im Verfahren zu reduzieren, sollten Arbeitgeber stets im Blick behalten, dass die damit verbundenen gerichtlichen Beschlüsse keineswegs die eigentliche Rechtslage verbindlich beeinflussen. So können Pflegeeinrichtungen beispielsweise bei personellen Konflikten, die vor Gericht ausgetragen werden, nicht davon ausgehen, dass eine im Prozesskostenhilfeverfahren geäußerte richterliche Einschätzung eine endgültige arbeitsrechtliche Bewertung darstellt. Für Onlinehändler zeigt sich ebenfalls, dass die Prozessstrategie nicht auf solche Beschlüsse gestützt werden sollte, da sie keinen Einfluss darauf haben, ob in der Hauptsache letztlich ein Erfolg möglich ist.
Für Steuerberater und Finanzinstitutionen wiederum ergibt sich als zentrale Erkenntnis, dass im Umgang mit arbeitsgerichtlichen Rückstellungen oder Kostenprognosen nicht vorschnell von der Prozesskostenhilfeentscheidung auf die Erfolgsaussichten des Gesamtverfahrens geschlossen werden darf. Auch kleine Unternehmen, die sich in Kostenschätzungen auf eine vermeintlich negative Prognose stützen, laufen Gefahr, die Risiken eines Verfahrens falsch einzuschätzen. Das Risiko- und Kostenmanagement im Arbeitsrecht sollte daher immer von einer belastbaren rechtlichen Hauptsacheabschätzung begleitet werden.
Kernaussagen und Schlussfolgerung für die Praxis
Mit der Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht die Abgrenzung zwischen Prozesskostenhilfe und revisionsrelevanter Divergenz neu verdeutlicht. Für die Praxis bedeutet dies eine erhöhte Klarheit bei der Einordnung von prozessualen Zwischenschritten und deren rechtlicher Tragweite. Unternehmen und ihre Berater sollten Entscheidungen zur Prozesskostenhilfe nicht überbewerten, sondern die tatsächliche Einschätzung ihrer Rechtsposition unabhängig davon kritisch prüfen. Die Sicherheit, dass Nichtzulassungsbeschwerden auf der Grundlage bloßer Abweichungen in solchen Vorentscheidungen nicht erfolgreich sein können, trägt zu einer stärkeren Einschätzbarkeit des Prozessverlaufs bei.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von einem strukturierten Rechts- und Risikomanagement, das sich nicht allein auf vorläufige Einschätzungen stützt. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen in der Gestaltung effizienter Prozesse, insbesondere in der digitalisierten Buchhaltung und in Fragen der Prozessoptimierung. Dadurch lassen sich nicht nur rechtliche Risiken besser einschätzen, sondern auch erhebliche Kosten einsparen – ein Vorteil, den wir Mandanten jeder Größe, vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum mittelständischen Onlinehändler, mit unserer Erfahrung zugänglich machen.
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