Einführung in die neue EU-Quick-Fix-Verordnung
Mit der Veröffentlichung der Delegierten Verordnung (EU) 2025/1416 am 10. November 2025 im Amtsblatt der Europäischen Union setzt die Europäische Kommission ein deutliches Signal zugunsten einer pragmatischeren Umsetzung der European Sustainability Reporting Standards. Diese als "Quick Fix" bezeichnete Anpassung zielt darauf ab, den von der ersten Welle der Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffenen Unternehmen eine spürbare Entlastung zu verschaffen. Da die Berichtspflichten unmittelbar aus der Corporate Sustainability Reporting Directive hervorgehen, besteht eine unmittelbare Geltung in allen Mitgliedstaaten, sodass kein nationaler Umsetzungsakt erforderlich ist. Für Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2025 unter die neuen Vorgaben fallen, ist die Verordnung damit von zentraler Bedeutung.
Entscheidend ist, dass die Quick-Fix-Regelungen bestimmte Übergangsfristen bei der erstmaligen Anwendung einzelner Melde- und Offenlegungspflichten verlängern. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der sogenannten Omnibus-I-Vorschläge relevant, die zusätzliche Anpassungen am europäischen Nachhaltigkeitsrahmen vorsehen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die im Rahmen der Lieferkettenberichte oder als Tochtergesellschaften kapitalmarktorientierter Gruppen indirekt betroffen sind, profitieren von diesen zeitlichen Entlastungen. Dadurch können Prozesse, Datenschnittstellen und interne Systeme ohne unmittelbaren Druck an die neuen Berichtsanforderungen angepasst werden.
Wesentliche Inhalte der Quick-Fix-Regelung
Im Kern verändert die Delegierte Verordnung die ursprünglich in der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2772 festgelegten Fristen für bestimmte Berichtspflichten. Sie gewährt Unternehmen, die zur sogenannten ersten Welle gehören, zusätzliche Zeiträume für die vollständige Implementierung einzelner Offenlegungspflichten. Unter den European Sustainability Reporting Standards versteht man den verbindlichen europäischen Rahmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese sollen sicherstellen, dass Unternehmen künftig umfassende, vergleichbare und prüfbare Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten bereitstellen.
Die Quick-Fix-Verordnung dient ausdrücklich der administrativen Entlastung. Viele betroffene Unternehmen sahen sich aufgrund von Datenlücken, komplexen Lieferketten und unklaren Bewertungsmodellen einer erheblichen Unsicherheit gegenüber. Durch die Anpassung wird nun der Übergang schrittweise ermöglicht und der administrative Aufwand im Einführungszeitraum deutlich reduziert. Aus Sicht der Praxis bedeutet dies, dass Prozesse zur Datenerhebung und -prüfung kontinuierlich aufgebaut werden können, ohne unmittelbare Sanktionen für unvollständige Berichte befürchten zu müssen.
Die neue Regelung entfaltet ihre Wirkung für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2025 beginnen. Das bedeutet einerseits, dass die Unternehmen aus der ersten Anwendungsgruppe bereits jetzt konkrete Umsetzungsstrategien entwickeln sollten, andererseits jedoch ein zeitlicher Puffer zur Verfügung steht, um konsistente Datengrundlagen und interne Verantwortlichkeiten zu etablieren. Der Schwerpunkt liegt nun darauf, Nachhaltigkeitsdaten nicht nur als regulatorische Verpflichtung, sondern als strategisches Steuerungsinstrument zu begreifen.
Praktische Auswirkungen auf Unternehmen und Beratung
Für viele kleine und mittlere Unternehmen ist die Einführung verbindlicher Nachhaltigkeitsberichte eine Herausforderung, da meist weder Struktur noch Erfahrung mit der Erhebung nichtfinanzieller Kennzahlen vorhanden sind. Die Quick-Fix-Verordnung trägt diesem Umstand Rechnung, indem sie zusätzliche Zeit für die Integration der Berichterstattungsprozesse gewährt. Gerade produzierende Betriebe, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Onlinehändler können dadurch interne Strukturen zunächst aufbauen, bevor detaillierte Offenlegungspflichten greifen.
Wesentlich bleibt, dass die Erleichterung keine vollständige Befreiung darstellt. Vielmehr wird ein gleitender Übergang geschaffen, der die Qualität der künftig eingereichten Nachhaltigkeitsinformationen sichern soll. Unternehmen sollten diese Phase gezielt nutzen, um ihre internen Systeme zur Datenerfassung und Datenvalidierung zu professionalisieren. Aus Sicht der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung eröffnen sich hier neue Beratungsfelder, etwa durch Unterstützung bei der technischen Umsetzung, der Definition von Key Performance Indicators oder der rechtssicheren Dokumentation der angewandten Bewertungsmaßstäbe. So wie sich die Finanzbuchhaltung in den vergangenen Jahren durch die Einführung digitaler Prozesse verändert hat, wird auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung Teil einer stärker datengetriebenen Unternehmensführung.
Je besser die Datenschnittstellen zwischen Controlling, Rechnungswesen und Nachhaltigkeitsmanagement funktionieren, desto effizienter verläuft die Erfassung der berichtsrelevanten Informationen. Daher lohnt es sich, bereits jetzt in geeignete Softwarelösungen und Prozessautomatisierungen zu investieren, die eine konsistente Datenhaltung sicherstellen. Dies reduziert den manuellen Aufwand und verbessert gleichzeitig die Nachvollziehbarkeit – ein zentraler Faktor für spätere Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer oder Aufsichtsbehörden.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Quick-Fix-Verordnung zeigt, dass die Europäische Union auf die Herausforderungen der Praxis reagiert und eine realistische Perspektive für den schrittweisen Aufbau der Nachhaltigkeitsberichterstattung eröffnet. Unternehmen erhalten damit Planungssicherheit und Spielraum zur Optimierung ihrer Prozesse. Wichtig ist jedoch, dass die gewonnene Zeit aktiv genutzt wird, um Strukturen zu schaffen, die in der Folgeperiode bestehen bleiben. Nachhaltigkeitsberichte werden künftig ein zentrales Element der Unternehmenskommunikation und der Finanzierungsstrategie, da Investoren und Kreditinstitute zunehmend eine transparente Datenbasis fordern. Wer diese Aspekte frühzeitig in das betriebliche Steuerungssystem integriert, verschafft sich langfristige Vorteile.
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