EU-Initiativen zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die Europäische Union treibt derzeit die Vereinfachung der regulatorischen Anforderungen für Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der unternehmerischen Sorgfaltspflichten voran. Am 13. November 2025 hat sich das Europäische Parlament mit deutlicher Mehrheit auf einen Standpunkt geeinigt, der wesentliche Änderungen an der bestehenden Systematik vorsieht. Damit wird der Grundstein gelegt, um insbesondere den Berichtsaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Vergleichbarkeit und Transparenz von Unternehmensdaten innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten.
Im Zentrum stehen zwei legislative Initiativen: die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDDD. Beide Regelwerke prägen maßgeblich die künftigen Anforderungen an Unternehmen im Hinblick auf ihre ökologische, soziale und Governance-bezogene Verantwortung. Während die CSRD die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung normiert, befasst sich die CSDDD mit den Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Unternehmensethik.
Anwendungsbereich und Schwellenwerte der neuen Regelungen
Nach der jüngsten Einigung sollen künftig Unternehmen mit mehr als durchschnittlich 1.750 Beschäftigten und Umsatzerlösen von mehr als 450 Millionen Euro der erweiterten Berichtspflicht unterliegen. Damit wird der bisherige Anwendungsbereich eingeschränkt und vor allem sehr große Unternehmen in die Pflicht genommen. Für die CSDDD sind sogar noch höhere Schwellenwerte vorgesehen: Betroffen sein sollen Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Diese Schwellen setzen an der Spitze der europäischen Wirtschaft an und entlasten somit viele mittelständische Betriebe, die bislang mit erheblichen administrativen Aufwänden konfrontiert waren.
Bemerkenswert ist der Verzicht des Europäischen Parlaments auf verpflichtende Klimatransitionspläne in der CSDDD. Damit entfällt für betroffene Unternehmen die Pflicht, konkrete und verbindliche Maßnahmen zur Dekarbonisierung innerhalb festgelegter Zeiträume nachzuweisen. Gleichzeitig wird die Haftung für Verstöße in die nationale Gesetzgebung verlagert, sodass die Mitgliedstaaten künftig eigene Haftungsmodelle entwickeln können. Für deutsche Unternehmen dürfte das bedeuten, dass sich die künftige Durchsetzung der Regelungen stärker am deutschen Zivilrecht orientieren wird, wobei Schadensersatzansprüche oder ordnungsrechtliche Sanktionen auf nationaler Ebene ausgestaltet werden können.
Auswirkungen auf Unternehmen in der Praxis
Für kleine und mittelständische Unternehmen, darunter auch Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder produzierende Betriebe, bedeutet die derzeitige Entwicklung zunächst eine Entlastung, da sie regelmäßig nicht unter die neuen Schwellenwerte fallen. Dennoch sollten sie die europäische Gesetzgebung aufmerksam verfolgen. Viele Großunternehmen werden künftig im Rahmen ihrer Lieferantenbeziehungen zusätzliche Berichtsinformationen einfordern, um selbst ihren Pflichten nachkommen zu können. Das führt indirekt dazu, dass auch kleinere Betriebe ihre internen Prozesse im Bereich Nachhaltigkeit strukturieren und dokumentieren müssen, um weiterhin als zuverlässige Geschäftspartner zu gelten.
In der Praxis dürfte dies insbesondere bei der Erfassung von Umweltdaten, Sozialstandards und Compliance-Maßnahmen spürbar werden. Digitalisierte Systeme für Datenmanagement und revisionssichere Dokumentation gewinnen an Bedeutung. Unternehmen, die frühzeitig auf geeignete Softwarelösungen und automatisierte Reporting-Strukturen setzen, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig schaffen sie damit die Grundlage für eine effiziente und transparente Zusammenarbeit mit Kunden, Investoren und Aufsichtsbehörden.
Onlinehändler, die in internationale Lieferketten eingebunden sind, sehen sich zunehmend Erwartungen an Transparenz und ökologische Verantwortung gegenüber. Auch wenn die CSDDD für ihre Unternehmensgröße oftmals keine unmittelbare Anwendung findet, kann eine freiwillige Umsetzung von Sorgfaltsprozessen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Sie stärkt die Reputation, verringert rechtliche Risiken und erleichtert den Zugang zu Geschäftspartnern, für die Nachhaltigkeitsnachweise zur Voraussetzung geworden sind.
Ausblick und Handlungsempfehlung
Mit der Einigung des Europäischen Parlaments beginnt nun das sogenannte Trilog-Verfahren zwischen Parlament, Rat der Europäischen Union und Europäischer Kommission. Ziel ist eine politische Einigung bis Ende 2025. Anschließend werden die Änderungsrichtlinien im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten nach der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht. Unternehmen sollten diesen Prozess aufmerksam verfolgen und frühzeitig prüfen, ob ihre Strukturen den künftigen Anforderungen entsprechen. Entscheidend wird sein, wie die Mitgliedstaaten die nationale Haftung sowie die Berichtspflichten ausgestalten. In Deutschland dürfte der Fokus voraussichtlich auf der Integration in bestehende Berichtssysteme, etwa im Rahmen des Handelsgesetzbuches, liegen.
Für Betriebe unterschiedlicher Branchen eröffnet sich eine Chance, durch strukturierte Nachhaltigkeitsberichte nicht nur regulatorischen Anforderungen zu genügen, sondern auch Kapitalgebern und Stakeholdern fundierte Informationen über die eigene Verantwortung zu liefern. Eine konsistente, digitale und prüfungssichere Dokumentation wird dabei zum strategischen Erfolgsfaktor. Die erfolgreiche Umsetzung ist weniger eine Frage der Unternehmensgröße als vielmehr des Prozessdesigns und der Datenqualität.
Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen bei der Prozessoptimierung ihrer Buchhaltung und bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse. Wir unterstützen Sie dabei, die neuen regulatorischen Anforderungen effizient in Ihre bestehenden Systeme zu integrieren und dadurch nachhaltige Kostenersparnisse zu erzielen. Dank unserer langjährigen Erfahrung in der Prozessdigitalisierung helfen wir Mandanten aller Branchen, den rechtlichen Wandel als Chance zur Effizienzsteigerung zu nutzen.
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