Neuerungsziel: Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mit dem jüngsten Entwurf zur Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), der am 3. Dezember 2025 von der European Financial Reporting Advisory Group an die Europäische Kommission übergeben wurde, zeichnet sich ein bedeutsamer Wendepunkt in der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung ab. Die bisher komplexen Anforderungen, die viele große Unternehmen erheblich belasteten, sollen künftig vereinfacht und klarer strukturiert werden. Damit reagiert die europäische Regulierungslandschaft auf die vielfach geäußerte Kritik, die Berichtspflichten seien zu aufwendig, zu umfangreich und in der Praxis nur mit erheblichem Ressourceneinsatz erfüllbar. Für mittelständische Unternehmen, die indirekt über Lieferkettenbeziehungen betroffen sind, bedeutet dies potenziell eine spürbare Entlastung, da Berichtsanforderungen künftig auf wesentliche Sachverhalte konzentriert werden.
Die ESRS bilden das Fundament der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive. Diese Richtlinie verpflichtet Unternehmen, ökologische, soziale und Governance-bezogene (ESG) Informationen transparent offenzulegen, um einheitliche Vergleichsmaßstäbe innerhalb des Binnenmarktes zu schaffen. Der aktuelle Entwurf greift das Ziel auf, die Datenerhebung zu verschlanken, ohne jedoch die inhaltliche Aussagekraft zu schmälern. Nach Angaben der EFRAG wurden die geforderten Datenpunkte um rund 61 Prozent reduziert, wodurch die Berichterstattung künftig praktikabler werden dürfte.
Wesentliche Anpassungen und materielle Neuerungen
Kern der geplanten Überarbeitung ist die Vereinfachung der Wesentlichkeitsanalyse. Diese betont den Grundsatz, nur für das eigene Unternehmen wirklich relevante Informationen zu erfassen und zu berichten. Bisher war die Abgrenzung oft mit erheblichem Interpretationsspielraum verbunden, was zu Unsicherheiten und bürokratischem Mehraufwand führte. Der neue Ansatz erleichtert die Feststellung, welche Themen in den Bericht aufgenommen werden müssen, indem er qualitative und quantitative Kriterien stärker miteinander verbindet. Ebenso hervorzuheben ist die Flexibilisierung des Umgangs mit indirekten Daten aus der Wertschöpfungskette. Während bisher direkte Datenerhebungen bevorzugt und Schätzungen kritisch gesehen wurden, entfällt diese Priorisierung künftig. Das entlastet insbesondere Unternehmen mit komplexen Lieferketten, etwa in der Industrie, im Handel oder im Gesundheitswesen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Interoperabilität mit internationalen Standards, insbesondere mit den vom International Sustainability Standards Board entwickelten Vorgaben. Diese Angleichung soll Doppelarbeit verhindern und sicherstellen, dass Berichte international vergleichbar bleiben. Für global agierende Unternehmen entsteht dadurch ein deutlicher Integrationsvorteil. Zugleich wird der europäische Berichtsrahmen robuster gegenüber internationalen Investorenanforderungen, was wiederum die Attraktivität europäischer Kapitalmärkte stärkt.
Praktische Konsequenzen für Unternehmen
Obwohl die überarbeiteten ESRS zunächst nur für große Unternehmen verpflichtend sind, haben sie Auswirkungen entlang der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette. Kleine und mittelständische Unternehmen, die als Zulieferer oder Dienstleister tätig sind, werden nach wie vor von den Berichtspflichten ihrer Geschäftspartner erfasst. Die nun vorgesehene Vereinfachung kann jedoch dazu beitragen, dass diese Informationsanforderungen weniger tiefgreifend werden. Unternehmen, die bereits freiwillig Nachhaltigkeitskennzahlen aufbereiten oder ein ESG-Berichtssystem implementiert haben, sollten prüfen, inwieweit der neue Entwurf ihre internen Strukturen betrifft. Eine Anpassung bietet zugleich die Chance, Datenmanagementprozesse zu standardisieren und die digitale Integration von Reporting-Systemen auszubauen.
Für steuerberatende und buchhalterische Dienstleister eröffnet die Reform zusätzliche Beratungsansätze. Die neue Komplexitätsstufe verlangt weniger technische Tiefe in Einzelfragen, dafür aber stärker integrierte Lösungsstrategien zwischen Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung. Gerade die zunehmende Verknüpfung von nichtfinanziellen Kennzahlen mit finanzwirtschaftlichen Abschlüssen fordert ein präzises Verständnis der Wechselwirkungen. Beratungsstrukturen, die bereits digitale Schnittstellen zur Buchhaltung oder zum Controlling etabliert haben, können hier signifikante Effizienzgewinne erschließen. Besonders Branchen wie Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder der Onlinehandel, bei denen ESG-Kriterien zunehmend Bestandteil von Förder- oder Finanzierungsentscheidungen werden, profitieren von klaren Berichtsstrukturen und digitalisierten Datenerfassungsprozessen.
Ausblick und Bedeutung für die Praxis
Die Europäische Kommission wird auf Basis des EFRAG-Entwurfs nun einen delegierten Rechtsakt vorbereiten. Ziel ist die zügige Umsetzung innerhalb der europäischen Gesetzgebung, damit Unternehmen frühzeitig Planungssicherheit erhalten. Es ist zu erwarten, dass die neuen Standards nicht nur eine Entlastung darstellen, sondern auch eine Professionalisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung fördern. Die Reduktion der Berichtspflichten sollte nicht als Abschwächung verstanden werden, sondern als Möglichkeit, Ressourcen gezielter zu nutzen. Wer ESG-Aspekte strategisch in die Steuerung des Unternehmens integriert, verschafft sich langfristig Wettbewerbsvorteile – sei es durch verbesserte Kapitalzugänge, durch höhere Transparenz gegenüber Stakeholdern oder durch resilientere Lieferketten.
Gerade für mittelständische Unternehmen lohnt es sich, die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und interne Prozesse frühzeitig an die vereinfachten Anforderungen anzupassen. Nachhaltigkeit bleibt ein zentrales Steuerungsinstrument in der modernen Unternehmensführung, das zunehmend auch durch Banken und öffentliche Auftraggeber eingefordert wird. Durch effiziente Datenstrukturen, integrierte Buchhaltungsprozesse und digitale Berichtsmodelle können Unternehmer den Aufwand senken und zugleich die Transparenz gegenüber Investoren und Behörden erhöhen. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, diese Prozesse effizient zu gestalten. Mit unserer Spezialisierung auf Prozessoptimierung in der Buchhaltung und Digitalisierung schaffen wir langfristige Kostenersparnisse und begleiten unsere Mandanten dabei, ihre Berichterstattung zukunftssicher und praxisorientiert auszurichten.
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