Erhöhung der Pflegemindestlöhne und rechtlicher Hintergrund
Die Pflegebranche steht erneut vor einer wichtigen Veränderung: Die Pflegekommission hat am 19. November 2025 einstimmig eine deutliche Anhebung der Pflegemindestlöhne beschlossen. Diese Anpassung erfolgt in zwei Schritten bis zum 1. Juli 2027 und betrifft bundesweit alle Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen. Der Pflegemindestlohn ist ein gesetzlich festgelegter, unterster Vergütungsanspruch nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, der speziell für Pflegekräfte gilt. Er stellt eine verbindliche Untergrenze dar, unterhalb derer kein Arbeitgeber entlohnen darf. Dieses Instrument dient dem Schutz von Beschäftigten in besonders sensiblen Dienstleistungsbereichen, die für das Gemeinwohl von zentraler Bedeutung sind.
Dem Beschluss nach sollen die Stundenlöhne in den unterschiedlichen Qualifikationsstufen wie folgt steigen: Pflegehilfskräfte erhalten künftig bis zu 16,95 Euro je Stunde, qualifizierte Pflegehilfskräfte bis zu 18,26 Euro und Pflegefachkräfte bis zu 21,58 Euro. Darüber hinaus bleibt der zusätzliche bezahlte Urlaub von neun Tagen pro Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche bestehen. Diese Regelungen gelten bundesweit einheitlich, unabhängig von der Trägerschaft der Einrichtung.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant, die Empfehlungen der Kommission über eine Verordnung verbindlich umzusetzen. Mit diesem Schritt werden die Beschlüsse auch außerhalb tariflicher Vereinbarungen allgemeinverbindlich, was den Pflegeeinrichtungen sowohl Rechtssicherheit als auch Planungsgrundlage für die kommenden Jahre verschafft.
Auswirkungen auf Pflegeeinrichtungen und Kostenträger
Für Pflegeeinrichtungen stellt die beschlossene Lohnerhöhung einen erheblichen Faktor in der Kostenkalkulation dar. Gerade kleinere und mittelständische Träger, seien es private, freigemeinnützige oder kirchliche Einrichtungen, müssen die steigenden Personalkosten künftig in ihre Finanz- und Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern einbeziehen. Da die Personalkosten in der Pflege oftmals über siebzig Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, kann selbst eine moderate Lohnerhöhung spürbare Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit einer Einrichtung haben.
Die Refinanzierung der höheren Löhne erfolgt typischerweise über die Pflegesatzverhandlungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern. Diese müssen die gesetzlichen Mindestentgelte zwingend berücksichtigen, wenn sie die Kostensätze genehmigen. Voraussetzung dafür ist eine frühzeitige und nachvollziehbare Budgetplanung seitens der Einrichtung, die die Dynamik der Lohnentwicklung in den kommenden Jahren abbildet. Pflegeunternehmen, die bislang nicht an tarifliche Lohnniveaus gebunden waren, stehen nun vor der Herausforderung, ihre Vergütungsstrukturen anzupassen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Hinzu kommt, dass qualifiziertes Pflegepersonal bereits heute vielerorts schwer zu gewinnen ist. Die Lohnsteigerung kann insofern als Beitrag zur Attraktivitätssteigerung dieses Berufsbildes gesehen werden. Sie könnte helfen, den Fachkräftemangel etwas abzufedern, sofern Einrichtungen die finanziellen Rahmenbedingungen entsprechend gestalten können. Dennoch gilt: Für viele kleinere Pflegebetriebe, insbesondere ambulante Dienste, bedeutet die Reform einen erheblichen Spagat zwischen sozialen Verpflichtungen und wirtschaftlicher Tragfähigkeit.
Arbeitsrechtliche und organisatorische Konsequenzen
Rechtlich betrachtet stellt die Umsetzung der neuen Mindestlöhne ein Muss für Arbeitgeber dar. Der Pflegemindestlohn ist nach Inkrafttreten der neuen Verordnung verbindlich. Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben kann zu Nachzahlungsforderungen, Bußgeldern und einer Verletzung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes führen. Arbeitgeber sind daher verpflichtet, ihre Lohnabrechnungssysteme rechtzeitig umzustellen und die neuen Stundensätze korrekt einzupflegen. Auch die Zeiterfassungssysteme müssen entsprechend angepasst werden, um Transparenz und Nachweisfähigkeit sicherzustellen.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, bestehende Arbeitsverträge sowie interne Vergütungsrichtlinien sorgfältig zu überprüfen. Sofern die bisher vereinbarten Gehälter unterhalb der neuen Mindestentgelte liegen, sollten Arbeitgeber rechtzeitig Vertragsergänzungen vorbereiten. Besonders wichtig ist dies bei Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten, da hier häufig Unklarheiten über Stundenvergütungen bestehen. Arbeitgeber in der Pflegebranche müssen außerdem beachten, dass die Mindestlohnerhöhung nicht mit eventuellen jährlichen Gehaltsanpassungen oder Leistungsboni verrechnet werden darf. Sie bildet ausschließlich die unterste, gesetzlich verbindliche Basisvergütung.
Fazit und Empfehlungen für die Praxis
Die beschlossene Anhebung der Pflegemindestlöhne bis 2027 markiert einen weiteren Schritt hin zu einer fairen und zukunftssicheren Vergütung im Pflegebereich. Für Pflegeeinrichtungen bedeutet dies allerdings nicht nur höhere Kosten, sondern auch einen organisatorischen Anpassungsaufwand. Strategische Personalplanung, effizientes Controlling und frühzeitige Kommunikation mit Kostenträgern gewinnen damit weiter an Bedeutung. Gute Vorbereitung ist entscheidend, um die neuen Regelungen gesetzeskonform umzusetzen und gleichzeitig die Liquidität des Unternehmens zu sichern.
Unternehmen aus der Pflegebranche, insbesondere kleinere und mittlere Einrichtungen, sollten die Gelegenheit nutzen, ihre internen Prozesse in der Lohnbuchhaltung, der Personalverwaltung und der Abrechnung insgesamt zu digitalisieren. Effizientes Datenmanagement und automatisierte Prüfprozesse helfen dabei, die gesetzlichen Anforderungen zuverlässig einzuhalten. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen gezielt bei der Prozessoptimierung und Digitalisierung der Buchhaltungsstrukturen. Durch den Einsatz moderner Softwarelösungen und strukturierter Abläufe lassen sich Verwaltungsaufwand und Kosten erheblich reduzieren, sodass Ressourcen gezielt für die Pflegequalität eingesetzt werden können.
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