Irreführende Umweltangaben im Geschäftsverkehr
Das Landgericht Berlin hat im Mai 2025 in einem Verfahren gegen Google Ireland Limited ein wegweisendes Urteil gefällt (Az. 15 O 349/24). Gegenstand war die Darstellung vermeintlicher Emissionseinsparungen im Suchportal Google Flights. Nutzerinnen und Nutzer erhielten dort Prozentangaben zu CO2-Einsparungen einzelner Flüge, ohne dass klar und unmittelbar erkennbar war, dass es sich lediglich um modellhafte Schätzungen handelte. Die Richter stellten klar, dass solche Angaben irreführend im Sinne des deutschen Lauterkeitsrechts sind. Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen, die an Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei umweltbezogenen Aussagen gestellt werden.
Der juristische Hintergrund liegt im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dieses untersagt Unternehmen ausdrücklich, Verbraucher durch falsche oder missverständliche Angaben in die Irre zu führen. Werden also Aussagen mit einem umweltbezogenen Inhalt eingesetzt, gilt ein besonders strenger Prüfungsmaßstab. Denn Angaben zum Klimaschutz beeinflussen die geschäftliche Entscheidung von Kunden zunehmend und werden daher vom Gericht mit einem hohen Schutzbedürfnis der Verbraucherseite bewertet.
Relevanz für kleine und mittelständische Unternehmen
Auch wenn der Fall Google Flights vordergründig nur die Luftfahrtbranche betrifft, sind die praktischen Konsequenzen für kleinere und mittelständische Unternehmen gravierend. In vielen Branchen werden in Werbung, Online-Shops oder Produktverpackungen Hinweise zum vermeintlich klimafreundlichen Charakter von Waren oder Dienstleistungen gegeben. Von "CO2-neutral" über "umweltschonend" bis hin zu vermeintlich prozentgenauen Emissionswerten reicht das Spektrum. Wer solche Angaben ohne sachgerechte Erklärung oder ohne belegbare Grundlage tätigt, setzt sich einem erheblichen rechtlichen Risiko aus. Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherverbände sind dann wahrscheinlich.
Besonders Onlinehändler und Dienstleister im Bereich nachhaltiger Produkte kennen die Nachfrage nach umweltfreundlichen Lösungen. Doch gerade hier besteht die Gefahr, dass Begriffe oder Zahlenwerte unzureichend untermauert sind und dadurch falsche Erwartungen geweckt werden. Unternehmen sollten im Umgang mit Green Claims, also grünen Werbeaussagen, stets sicherstellen, dass die herangezogenen Daten transparent, klar verständlich und sofort erkennbar sind.
Analyse der Anforderungen an Unternehmenskommunikation
Die Argumentationslinie des Landgerichts Berlin macht deutlich, worauf es für Unternehmen künftig ankommt:
- Umweltangaben müssen auf verlässlichen und nachprüfbaren Grundlagen beruhen. Schätzwerte können zulässig sein, wenn sie eindeutig als solche gekennzeichnet sind.
- Die Kennzeichnung muss unmittelbar erkennbar sein. Hinweise, die erst durch zusätzliche Klicks oder versteckte Symbole sichtbar werden, genügen nicht.
- Je stärker eine Angabe die Kaufentscheidung beeinflussen kann, desto strenger sind die Anforderungen an Klarheit und Nachvollziehbarkeit.
Damit wird eine Grenze zwischen seriöser Umweltkommunikation und unzulässiger Verbrauchertäuschung gezogen. Für Unternehmen bedeutet das, dass Marketing- und Vertriebsabteilungen eng mit der Rechts- und Steuerberatung zusammenarbeiten sollten, um rechtssichere Aussagen zu gewährleisten. Gerade in Zeiten wachsender Sensibilität gegenüber Nachhaltigkeit und Klimaschutz ist die Versuchung groß, möglichst attraktive Werte in der Außendarstellung zu präsentieren. Wer jedoch überzieht oder nicht transparent genug kommuniziert, riskiert erhebliche rechtliche Konsequenzen.
Fazit und Handlungsempfehlungen für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass vermeintlich kleine Ungenauigkeiten bei der Kommunikation von CO2-Einsparungen oder Nachhaltigkeitsleistungen weitere Kreise ziehen können. Für Unternehmensleitungen besteht daher die Pflicht, interne Prüfungen einzuführen, bevor Aussagen mit Umweltbezug veröffentlicht werden. Empfehlenswert ist es, nur solche Daten und Angaben zu nutzen, die sich nachweislich auf einer gesicherten Basis bewegen, und Schätzungen klar als solche zu kennzeichnen. Transparenz schafft Vertrauen und reduziert rechtliche Risiken.
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