Steuerliche Einordnung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Einkommensteuergesetz
Der Investitionsabzugsbetrag ist ein wichtiges steuerliches Instrument, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen ermöglicht, geplante Investitionen bereits vor deren Durchführung steuermindernd zu berücksichtigen. Nach § 7g Absatz 1 Einkommensteuergesetz dürfen bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes vorab gewinnmindernd gebildet werden, sofern die Voraussetzungen eines betrieblich genutzten Wirtschaftsgutes vorliegen. Ziel dieser Regelung ist die Förderung zukunftsgerichteter Investitionen, indem die Liquidität der Unternehmen durch Steuerstundung gestärkt wird. Entscheidend ist dabei stets, dass das Wirtschaftsgut dem Betrieb zuzurechnen ist und mit der notwendigen Gewinnerzielungsabsicht eingesetzt wird.
In der Praxis sind Photovoltaikanlagen in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema im Bereich der Steuerberatung geworden. Viele private Hausbesitzer oder kleine Unternehmen errichten solche Anlagen auf Wohn- oder Betriebsgebäuden mit dem Ziel, Strom zu erzeugen und diesen ganz oder teilweise zu verkaufen. Der steuerliche Charakter dieser Tätigkeit hängt entscheidend davon ab, ob die Anlage dem Betriebsvermögen zugeordnet werden kann oder nicht. Hieraus ergibt sich unmittelbar, ob ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden darf.
Gerichtliche Entscheidung zu Photovoltaikanlagen mit privater Nutzung
Das Hessische Finanzgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2025 (Aktenzeichen 10 K 162/24) eine praxisrelevante Entscheidung getroffen, die insbesondere Betreiber von Photovoltaikanlagen betrifft. Im konkreten Fall hatte ein Steuerpflichtiger auf seinem Einfamilienhaus eine Photovoltaikanlage geplant, deren Stromerzeugung er nach eigenen Angaben gewerblich nutzen wollte. Er bildete im Jahr 2021 einen Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung der Anlage, die im Folgejahr errichtet wurde. Tatsächlich lag der private Stromverbrauch jedoch bei über 90 Prozent. Das Finanzamt versagte daraufhin die Bildung des Investitionsabzugsbetrags mit Verweis auf die mangelnde betriebliche Nutzung und die seit dem Jahressteuergesetz 2022 geltende Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 72 Einkommensteuergesetz.
Das Gericht bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung: Ein Investitionsabzugsbetrag setze voraus, dass das betreffende Wirtschaftsgut nahezu ausschließlich, also zu mindestens 90 Prozent, betrieblich genutzt werde. Bei einer Photovoltaikanlage bestimmt sich die betriebliche Nutzung nach dem Anteil des in das öffentliche Netz eingespeisten Stroms. Wird der erzeugte Strom überwiegend privat verbraucht, ist das Wirtschaftsgut nicht betrieblicher Natur, und eine Bildung des Investitionsabzugsbetrags scheidet aus. Die vom Kläger geltend gemachte Gewinnerzielungsabsicht änderte an dieser Beurteilung nichts, da die tatsächliche Nutzung maßgeblich ist. Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 72 Einkommensteuergesetz zwar weitere Sonderfragen aufwirft, diese hier jedoch nicht entscheidungserheblich waren.
Praxisrelevanz für kleine Unternehmen und Selbständige
Die Entscheidung hat eine erhebliche Tragweite für kleine Unternehmen, Freiberufler sowie Betreiber von Photovoltaikanlagen auf privaten und betrieblichen Gebäuden. Wer als Unternehmer oder Vermieter eine Photovoltaikanlage anschafft, muss sich klar darüber sein, ob die erzeugte Energie weit überwiegend betrieblich, also zur Weiterveräußerung oder Netzeinspeisung, oder vielmehr privat genutzt wird. Nur wenn der betriebliche Nutzungsanteil mindestens 90 Prozent beträgt, handelt es sich um ein begünstigtes Wirtschaftsgut im Sinne des Gesetzes. Bereits geringfügige Abweichungen von dieser Quote können den steuerlichen Vorteil vollständig zunichtemachen.
Für Onlinehändler, Handwerksbetriebe oder Pflegeeinrichtungen, die ihre Dachflächen zur Stromproduktion nutzen möchten, empfiehlt es sich daher, den tatsächlichen Energieverbrauch im Vorfeld sorgfältig zu planen und eine klare Abgrenzung zwischen betrieblicher und privater Sphäre vorzunehmen. Insbesondere dann, wenn Strom teilweise für betriebliche Zwecke, teilweise aber auch für die private Versorgung des Gebäudes genutzt wird, sollte von Beginn an eine belastbare Dokumentation erfolgen. Hierbei sind regelmäßige Strommessungen und Abrechnungsbelege besonders hilfreich, um die betriebliche Verwendung gegenüber dem Finanzamt nachweisen zu können.
Neben der Frage des Investitionsabzugsbetrags hat die Entscheidung auch Bedeutung für die Anwendung der sogenannten Kleinunternehmerregelung nach Umsatzsteuerrecht sowie für die Gewinnermittlung bei Überschusseinkünften. Wer den Strom teilweise privat nutzt, läuft Gefahr, dass die gewerbliche Tätigkeit insgesamt als Liebhaberei eingestuft wird. Das hätte zur Folge, dass Einnahmen und Ausgaben steuerlich unberücksichtigt bleiben und der Investitionsabzugsbetrag entfällt. Für Betreiber, die langfristig von der Einspeisevergütung profitieren möchten, kann dies erhebliche finanzielle Nachteile bedeuten.
Fazit: Sorgfältige Planung und steuerliche Begleitung vermeiden Risiken
Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts verdeutlicht, dass der steuerliche Vorteil des Investitionsabzugsbetrags nur bei einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Nutzung gewährt werden darf. Die betriebliche Einordnung einer Photovoltaikanlage hängt somit nicht nur von der formalen Gewerbeanmeldung, sondern maßgeblich von der tatsächlichen Energieverwendung ab. Unternehmer sollten sich frühzeitig fachlich beraten lassen und die betriebliche Nutzung in geeigneter Weise dokumentieren, um spätere Konflikte mit der Finanzverwaltung zu vermeiden. Besonders im Kontext der Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 72 Einkommensteuergesetz bleiben zahlreiche Detailfragen offen, die künftig auch den Bundesfinanzhof beschäftigen werden (anhängig unter dem Aktenzeichen III R 39/25).
Für Mittelständler, Handwerksbetriebe, Pflegeeinrichtungen und andere kleine Unternehmen zeigt sich, dass eine präzise Abgrenzung zwischen privater und betrieblicher Nutzung sowie eine vorausschauende steuerliche Planung zentrale Voraussetzungen sind, um Förderinstrumente wie den Investitionsabzugsbetrag optimal nutzen zu können. Unsere Kanzlei begleitet Unternehmen aller Größenordnungen bei der steueroptimierten Einführung digitaler Buchhaltungsprozesse, in der finanziellen Planung und in der Digitalisierung des Rechnungswesens. Durch strukturierte Prozessoptimierung erzielen wir für unsere Mandanten messbare Effizienzgewinne und nachhaltige Kosteneinsparungen.
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