Die Frage, wie mit der vertraglichen Bezugnahme auf tarifliche oder außertarifliche Leistungen im Arbeitsrecht umzugehen ist, hat mit der seit 2022 eingeführten Inflationsausgleichsprämie neue Relevanz erhalten. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für spezialisierte Branchen wie Pflegeeinrichtungen oder den Onlinehandel, stellt sich die Herausforderung, ob und wie solche Sonderzahlungen in bestehende Arbeitsverträge und Vergütungsstrukturen einzubeziehen sind. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nun mit dieser Problematik befasst und damit für Klarheit gesorgt.
Bezugnahmeklauseln und ihre Bedeutung für die Inflationsausgleichsprämie
Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob eine vertragliche Bezugnahmeregelung, also eine Klausel im Arbeitsvertrag, die auf künftige tarifliche oder betriebliche Vergütungsbestandteile verweist, auch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie umfasst. Diese Prämie wurde durch eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um Beschäftigte steuer- und beitragsfrei finanziell zu entlasten. Strittig war, ob Arbeitgeber verpflichtet sind, eine solche Leistung auszukehren, wenn der einschlägige Tarifvertrag oder eine betriebliche Regelung dies vorsieht und der individuelle Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisung auf diese Regelungen enthält.
Das Bundesarbeitsgericht entschied in seiner aktuellen Entscheidung (Az. 4 AZR 279/24, Urteil vom 21. Mai 2025), dass die Auslegung solcher Bezugnahmeregelungen eine präzise Abwägung erfordert. Unter Hinweis auf die Parallelentscheidung vom selben Tag stellte der 4. Senat klar, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann anzuwenden sei, wenn die ursprüngliche Vereinbarung insoweit lückenhaft oder unklar ist. Dabei schloss das Gericht eine automatische Einbeziehung der Inflationsausgleichsprämie in alte Bezugnahmeklauseln nicht aus, machte dies aber vom konkreten Vertragswortlaut und dem von den Parteien erkennbaren Willen abhängig.
Auswirkungen auf Arbeitsverträge und Vergütungsgestaltung
Die Entscheidung hat weitreichende praktische Konsequenzen. Arbeitgeber müssen künftig sehr genau darauf achten, wie allgemeine Bezugnahmen in ihren Arbeitsverträgen formuliert sind. Enthält ein Vertrag eine dynamische Verweisung auf Tarifverträge, kann dies dazu führen, dass neue Entgeltbestandteile wie die Inflationsausgleichsprämie auch für bestehende Arbeitsverhältnisse gelten, sofern sie tariflich eingeführt werden. Fehlt es hingegen an einem eindeutigen Bezug, ist eine ergänzende Auslegung nur in engen Grenzen möglich. Dies schützt einerseits Arbeitgeber vor ungewollten zusätzlichen Kosten, setzt andererseits aber eine sorgfältige Vertragsgestaltung voraus.
Besonders mittelständische Betriebe und kleinere Unternehmen, die häufig mit standardisierten Vertragsmustern arbeiten, sind hier gefordert. Auch Pflegeeinrichtungen, die in besonderem Maße auf tarifliche Strukturen abstellen, sollten ihre Vertragswerke prüfen. Im Onlinehandel, wo individuelle Arbeitsverträge und betriebliche Regelungen stärker verbreitet sind, kann die Entscheidung ebenfalls relevant werden, da unklare Bezugnahmeklauseln schnell zu Rechtsunsicherheit führen.
Praktische Empfehlungen für Arbeitgeber und Steuerberatung
Aus der Entscheidung lassen sich mehrere praxisnahe Handlungsempfehlungen ableiten:
- Verträge überprüfen: Eine sorgfältige Analyse bestehender Arbeitsverträge hilft, unklare Bezugnahmeklauseln zu identifizieren. Unternehmen sollten prüfen, ob diese im Lichte der Entscheidung angepasst werden müssen.
- Vertragliche Gestaltung anpassen: Neue Arbeitsverträge sollten klare Formulierungen enthalten, die entweder ausdrücklich eine dynamische Anpassung an tarifliche Regelungen vorsehen oder eindeutig begrenzen, welche Leistungen erfasst werden.
- Kalkulation betrieblicher Kosten: Gerade im Hinblick auf die Inflationsausgleichsprämie ist eine Kostenkontrolle entscheidend. Steuerberatende Kanzleien können hier unterstützen, indem sie die steuer- und beitragsfreie Ausgestaltung optimal nutzen.
- Betriebsvereinbarungen präzisieren: Dort, wo Unternehmen mit Betriebsräten zusammenarbeiten, ist ebenfalls eine klare Abgrenzung erforderlich, um unnötige Konflikte zu vermeiden.
Diese Punkte zeigen, dass das Thema nicht nur rechtlich, sondern auch organisatorisch von hoher Bedeutung ist. Die Schnittstelle zwischen juristischer Vertragsgestaltung und steuerlicher Begleitung wird für den Unternehmenserfolg entscheidend.
Schlussfolgerungen für Unternehmen und Kanzlei-Hinweis
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Inflationsausgleichsprämie im Zusammenhang mit Bezugnahmeklauseln bietet wichtige Orientierung für die Praxis. Es verdeutlicht, dass Arbeitgeber gut beraten sind, bestehende Verträge zu prüfen und klare Regelungen zu treffen, um ungewollte finanzielle Belastungen zu vermeiden. Gerade dort, wo standardisierte Musterverträge im Einsatz sind, lohnt sich eine Überarbeitung, um rechtssicher und zugleich wirtschaftlich flexibel zu bleiben. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Buchhaltungsprozesse und Vertragsstrukturen digital und kosteneffizient zu gestalten. Durch unsere langjährige Erfahrung in der Prozessoptimierung helfen wir, nicht nur rechtliche Risiken zu minimieren, sondern auch erhebliche Einsparungspotenziale in der Finanzorganisation zu realisieren.
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