Die jüngste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mit dem Aktenzeichen 4 AZR 167/24 vom 21. Mai 2025 verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig eine präzise vertragliche Gestaltung für Unternehmen ist. Im Zentrum stand die Frage, ob eine vertragliche Bezugnahme auf kollektivrechtliche Regelungen auch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie umfasst. Obwohl das Verfahren ohne ausführliche Entscheidungsgründe bekanntgegeben wurde, zeigt die Entscheidung einen praxisrelevanten Kern für Unternehmen jeder Größe – von kleinen Handwerksbetrieben über mittelständische Pflegeeinrichtungen bis hin zu Onlinehändlern.
Rechtlicher Hintergrund und Bezugnahmeklauseln im Arbeitsverhältnis
Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen verweisen häufig auf Tarifverträge oder andere kollektivrechtliche Bestimmungen. Sie sind ein wichtiges Instrument, um einheitliche Standards in Betrieben zu wahren, ohne für jedes Detail eine individuelle Vereinbarung zu treffen. Gerade in Zeiten steigender Inflation hat die Frage der Inflationsausgleichsprämie besondere Bedeutung erlangt, da der Gesetzgeber Arbeitgebern die Möglichkeit gegeben hat, ihren Angestellten steuerfreie Sonderzahlungen zukommen zu lassen. Diese optionale Leistung wirft jedoch Fragen auf, wenn im Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf Tarifwerke enthalten ist, die solche Leistungen regeln oder offenlassen.
Das Bundesarbeitsgericht hatte im zugrunde liegenden Fall zu klären, wie diese vertraglichen Regelungen auszulegen sind, wenn die kollektive Vereinbarung selbst keine eindeutige Anordnung enthält. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die ergänzende Vertragsauslegung: Diese juristische Methode erlaubt es, Lücken in einem Vertrag gemäß den hypothetischen Interessen beider Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu schließen. Damit stellt sich für Unternehmen die Frage, ob eine Bezugnahmeklausel automatisch auch dynamisch solche Leistungen einbezieht, oder ob eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Klarstellung erforderlich ist.
Auswirkungen auf Vertragsgestaltung und arbeitsrechtliche Planung
Aus der Entscheidung wird deutlich, dass Unternehmen eine sorgfältige Prüfung ihrer bestehenden Arbeitsverträge vornehmen sollten. Ob in kleinen Betrieben oder in komplexen mittelständischen Unternehmen: Der Umgang mit Bezugnahmeklauseln entscheidet häufig darüber, ob zusätzliche Leistungen – etwa eine Inflationsausgleichsprämie – von Mitarbeitenden beansprucht werden können oder nicht. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich bewusst machen, dass unklare Klauseln zu erheblichen finanziellen Belastungen führen können, insbesondere wenn sie von den Gerichten zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgelegt werden. Das Risiko ist nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern betrifft auch das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Team, da falsch verstandene Bezugnahmen schnell zu Konflikten über Leistungsansprüche führen.
Für Pflegeeinrichtungen etwa, die häufig unter hohem Kostendruck stehen, kann eine ungewollt verpflichtende Zahlung von Inflationsausgleichsprämien erhebliche Budgetauswirkungen haben. Onlinehändler oder kleinere Technologieunternehmen wiederum sehen sich regelmäßig mit Konkurrenz am Arbeitsmarkt konfrontiert und wollen flexible Instrumente nutzen, um Mitarbeitende zu binden, ohne langfristige Verpflichtungen ungeplant einzugehen. In allen Branchen zeigt sich: Die präzise Formulierung von Bezugnahmeklauseln ist keine Nebensache, sondern eine Kernfrage der Personal- und Kostenplanung.
Gestaltungshinweise für die Praxis
Aus einer juristischen Analyse lassen sich daraus mehrere konkrete Punkte ableiten:
- Eine Bezugnahmeklausel sollte klarstellen, ob sie sich statisch (fixiert auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses) oder dynamisch (mit Entwicklungen des Tarifrechts mitgehend) auswirkt.
- Die Einbeziehung zusätzlicher Leistungen wie der Inflationsausgleichsprämie sollte ausdrücklich geregelt werden, wenn Unternehmen Steuerfreibeträge nutzen und gleichzeitig unnötige Rechtsstreitigkeiten vermeiden möchten.
- Eine ergänzende Vertragsauslegung wird von Gerichten nur vorgenommen, wenn eine tatsächliche Regelungslücke besteht – das erhöht die Relevanz eindeutiger Klauseln erheblich.
Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist die Vorhersehbarkeit von Lohnkosten entscheidend. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten Strukturen aufbauen, die ein Höchstmaß an Transparenz und Planungssicherheit bieten. Hierzu gehört nicht nur die sorgfältige Vertragsformulierung, sondern auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung, Rechtsberatung und Steuerberatung. So lassen sich steuerliche Vorteile nutzen, ohne dass unerwartete Haftungsrisiken entstehen.
Klares Fazit für Unternehmen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung zur Inflationsausgleichsprämie und zu Bezugnahmeklauseln einen wichtigen Impuls gesetzt. Unternehmen aller Branchen – ob kleine Betriebe, mittelständische Dienstleister, Pflegeeinrichtungen oder Onlinehändler – sollten ihre Vertragswerke kritisch prüfen und gegebenenfalls anpassen. Klare Formulierungen sind der Schlüssel, um steuerliche Gestaltungsspielräume zu nutzen, ohne rechtliche Auseinandersetzungen zu riskieren. Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Prozesse in der Buchhaltung zu optimieren und mit digitalen Lösungen nachhaltige Kostenersparnisse zu erzielen. Wir betreuen Mandanten aller Art und verfügen über umfassende Erfahrung in der Prozessoptimierung und Digitalisierung, die für die moderne Unternehmensführung entscheidend ist.
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