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Recht

Haftung bei Putativnotwehr: Grenzen der Schuld im Zivilrecht

Ein Artikel von der Intelligent Accounting Steuerberatungsgesellschaft Kassel

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Haftung im Zivilrecht bei vermeintlicher Notwehrlage

Die zivilrechtliche Haftung wegen Körperverletzung gehört zu den zentralen Fragestellungen des Schadensersatzrechts. Besonders komplex wird sie, wenn der Schädiger irrtümlich davon ausgeht, sich in einer Notwehrsituation zu befinden. Der Begriff der Notwehr ist in § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beschrieben. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwehren. Der sogenannte Erlaubnistatbestandsirrtum wiederum beschreibt den Irrtum über Umstände, die – wenn sie tatsächlich vorgelegen hätten – eine Rechtfertigung begründen würden. Eine solche Konstellation liegt vor, wenn jemand glaubt, sich rechtmäßig zu verteidigen, obwohl objektiv keine Notwehrlage besteht. Dieses Spannungsfeld zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektiver Rechtslage stand im Mittelpunkt eines Falles, den das Landgericht Koblenz mit Urteil vom 3. September 2025 (Az. 10 O 368/23) zu entscheiden hatte.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erlitt der Kläger schwere Verletzungen, darunter die Abtrennung seiner Hand, nachdem der Beklagte sich vermeintlich in einer akuten Bedrohungssituation befand. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung, bei der der Kläger nach einem privaten Grillabend mehrfach mit einer Schreckschusspistole in Richtung des Beklagten feuerte. Der Beklagte, der sich auf seinem angrenzenden Grundstück aufhielt, nahm die Schüsse als tatsächlichen Beschuss wahr und reagierte mit einem Abwehrschlag, der in der schweren Verletzung des Klägers mündete. Der Kläger verlangte daraufhin ein erhebliches Schmerzensgeld. Das Gericht musste klären, ob in einem derartigen Ausnahmefall ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch aus § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs besteht.

Der Erlaubnistatbestandsirrtum als Haftungsausschluss

§ 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründet grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig ein absolut geschütztes Rechtsgut – etwa Leben, Körper oder Gesundheit – widerrechtlich verletzt. Allerdings setzt die Haftung voraus, dass ein Verschulden vorliegt. In Fällen, in denen der Schädiger aufgrund einer irrtümlichen Annahme von tatsächlichen Umständen handelt, die eine Rechtfertigung begründen würden, liegt nach allgemeiner Auffassung ein sogenannter Erlaubnistatbestandsirrtum vor. Dieser Irrtum kann die Schuld ausschließen, wenn der Täter die Irrtumsumstände nicht vermeiden konnte.

Das Landgericht Koblenz sah die Reaktion des Beklagten als ein solches Fehlurteil in einer außergewöhnlichen Situation. Demnach war es für ihn weder erkennbar noch zumutbar, die tatsächliche Lage zutreffend zu beurteilen, da sich die Ereignisse in Dämmerung und Dunkelheit ereigneten und er unter erheblichem Stress handelte. Die dreimalige Schussabgabe aus einer nahen Entfernung führte aus seiner Sicht objektiv zu der Annahme, dass ein Angriff mit einer scharfen Schusswaffe vorlag. Dass es sich lediglich um eine Schreckschusswaffe handelte, konnte er weder erkennen noch in der Kürze der Zeit überprüfen. Damit war sein Verteidigungsverhalten nachvollziehbar, wenngleich objektiv kein rechtswidriger Angriff mehr bestand. Das Gericht nahm daher an, dass den Beklagten kein Verschulden traf, da sein Irrtum über die tatsächliche Gefahrenlage unvermeidbar war.

Verhältnis zwischen objektiver Rechtswidrigkeit und subjektiver Wahrnehmung

Bemerkenswert an der Entscheidung ist die Abgrenzung zwischen tatsächlicher Rechtswidrigkeit und der subjektiven Sichtweise des Handelnden. Grundsätzlich gilt: Wer in vermeintlicher Notwehr handelt, ohne dass die Voraussetzungen objektiv vorliegen, begeht eine rechtswidrige Tat. Allein der Glaube an das Vorliegen einer Notwehrlage genügt nicht zur Rechtfertigung der Handlung. Zivilrechtlich bleibt die Handlung daher objektiv widerrechtlich. Entscheidend für die Haftungsfrage ist aber das Verschulden: Nur wenn dem Handelnden vorgeworfen werden kann, den Irrtum fahrlässig verursacht oder aufrechterhalten zu haben, bleibt die Haftung bestehen. Maßstab für die Fahrlässigkeit ist § 276 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Verteidiger haftet, wenn er aufgrund einer unzureichenden Einschätzung der Lage unangemessene Gewalt anwendet, obwohl eine mildere, zumutbare Reaktion möglich gewesen wäre.

Das Landgericht stellte zutreffend fest, dass an die Sorgfaltspflicht in solchen Extremsituationen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Gerade weil der Kläger durch das Abfeuern der Schreckschusspistole die gesamte Situation ausgelöst hatte, durfte der Beklagte nicht gezwungen sein, unter Lebensgefahr alternative Handlungsoptionen zu prüfen. Eine Flucht wäre riskant und tatsachenwidrig als mildere Reaktion zu werten gewesen. Somit wurde zu Recht angenommen, dass der Beklagte keine zumutbare Möglichkeit hatte, anders zu handeln, und sein Verhalten daher nicht als fahrlässig einzustufen war.

Praktische Relevanz für Unternehmen und Einrichtungen

Auch wenn der Fall seinem Kern nach aus dem privaten Lebensbereich stammt, hat die Entscheidung des Landgerichts Koblenz erhebliche Bedeutung für Unternehmen und Institutionen. Gerade in Betrieben mit Sicherheitsdienst, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern, in denen Mitarbeitende in Konfliktsituationen mit potenziellen Angreifern geraten können, ist die Differenzierung zwischen tatsächlicher und vermeintlicher Verteidigungssituation praxisrelevant. Mitarbeitende müssen wissen, dass sie bei Handlungen in vermeintlicher Notwehr grundsätzlich geschützt sind, sofern sie den Irrtum nicht vermeiden konnten. Umgekehrt gilt für Arbeitgeber, dass eine strukturierte Schulung zur Konflikt- und Gefahreneinschätzung das Risiko zivilrechtlicher Haftungsfälle reduziert. Die Rechtsprechung verdeutlicht, dass Gerichte stets den situativen Druck und die Reaktionsmöglichkeit berücksichtigen und keine unrealistische Beurteilung im Nachhinein anlegen. Für Führungskräfte und Unternehmer empfiehlt es sich daher, Präventions- und Schulungsmaßnahmen so auszurichten, dass sowohl Rechtskenntnis als auch Stressbewältigungskompetenz vermittelt werden.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Rechtsprechung mit dieser Entscheidung die Grenzen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit in außergewöhnlichen Gefahrensituationen präzisiert hat. Eine Haftung besteht nur, wenn das Verhalten des Handelnden objektiv sorgfaltswidrig und der Irrtum vermeidbar war. In allen anderen Fällen ist der Erlaubnistatbestandsirrtum ein tragfähiger Haftungsausschluss, der unverschuldete Fehlentscheidungen in extremen Momenten schützt. Unsere Kanzlei begleitet insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen bei der rechtssicheren Gestaltung ihrer internen Abläufe. Mit unserer Spezialisierung auf Prozessoptimierung in der Buchhaltung und konsequente Digitalisierung verhelfen wir Betrieben dazu, ihre Risiken zu minimieren und durch klar strukturierte Abläufe erhebliche Kostenersparnisse zu erzielen.

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