Grundstücksverkäufe und Kostentragung – Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Mit Urteil vom 14. Mai 2025 (Az.: VI R 11/23) hat der Bundesfinanzhof eine wegweisende Entscheidung für die Besteuerung von Grundstücksveräußerungen durch Land- und Forstwirte getroffen. Im Kern ging es um die Frage, ob die bloße Übernahme von Erschließungskosten für Grundstücke den Übergang zu einem gewerblichen Grundstückshandel auslöst. Streitgegenstand war das Verhalten eines Landwirts, der mehrere seiner Flächen in Baugrundstücke umwandelte und deren Erschließungskosten übernahm, ohne jedoch selbst die Erschließung durchzuführen. Die Finanzverwaltung hatte dies als gewerblichen Grundstückshandel gewertet und entsprechende Einkommen- sowie Gewerbesteuerbescheide erlassen. Das Finanzgericht Münster und später der Bundesfinanzhof verneinten jedoch die Gewerblichkeit, weil die Übernahme von Erschließungskosten nicht automatisch einer aktiven gewerblichen Tätigkeit gleichkommt. Entscheidend war, dass die wertsteigernden Leistungen durch einen Dritten, den von der Gemeinde beauftragten Erschließungsträger, und nicht durch den Kläger selbst erbracht worden waren.
Rechtliche Abgrenzung von Hilfsgeschäften und gewerblichen Grundstückshandel
Die zentrale juristische Frage betrifft die Abgrenzung zwischen der schlichten Verwaltung von Privatvermögen oder land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln einerseits und der Ausübung eines gewerblichen Grundstückshandels andererseits. Nach der ständigen Rechtsprechung liegt gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz vor, wenn eine selbständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgeht. Der Bundesfinanzhof hat in seinen Leitsätzen klargestellt, dass allein die finanzielle Beteiligung an der Erschließung – etwa durch Vorfinanzierung der Kosten, die anschließend auf Erwerber umgelegt werden – keine Veränderung der steuerlichen Beurteilung begründet. Maßgeblich ist, ob der Grundstückseigentümer selbst werterhöhende Maßnahmen initiiert und durchgeführt hat, die die Marktgängigkeit verändern. Der Senat prüfte in mehreren Schritten:
- Ob die Grundstücksverkäufe noch als Hilfsgeschäfte innerhalb der Land- und Forstwirtschaft anzusehen sind.
- Ob mit der Kostenübernahme faktisch die Rolle eines Erschließungsunternehmers übernommen wurde.
- Ob sich die Aktivitäten von bloßer Kostenbeteiligung hin zu einer aktiven Mitwirkung an der Erschließung verlagerten.
Relevanz für kleine Unternehmen, Pflegeeinrichtungen und Onlinehändler
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs schafft Rechtssicherheit weit über die Landwirtschaft hinaus. Kleine und mittelständische Unternehmen, die über betrieblich genutzte Grundstücke verfügen und diese gegebenenfalls in Baugrundstücke umwandeln oder veräußern wollen, müssen nicht automatisch Gewerbesteuer befürchten, nur weil sie Erschließungskosten übernehmen. Für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser, die oftmals Flächen bereithalten und gelegentlich Teile des Betriebsgeländes veräußern, ist diese Klarstellung ebenfalls von Bedeutung. Wird die Erschließung von den Kommunen oder von beauftragten Trägern durchgeführt, löst die reine Kostentragung keinen gewerblichen Grundstückshandel aus. Auch für Onlinehändler, die ihre Logistikflächen in wachsenden Regionen erweitern oder veräußern möchten, ist die Grenze zwischen vermögensverwaltendem Geschäft und gewerblicher Tätigkeit von erheblichem steuerlichen Interesse. Besonders praxisrelevant ist der Hinweis des Gerichts, dass selbst ein erhebliches Kostenrisiko – also etwa die Vereinbarung, sämtliche Kosten für Erschließung über den kommunalen Pflichtanteil hinaus zu übernehmen – nicht den Tatbestand gewerblicher Tätigkeit erfüllt, solange keine eigene aktive Mitwirkung an der Erschließung erfolgt. Dies bedeutet für Unternehmen aller Größenordnung mehr Planungssicherheit in Bezug auf die Entstehung von Gewerbesteuerpflichten. Für Steuerberater und Finanzinstitutionen bietet dieses Urteil zudem Orientierung im Rahmen der Gestaltung von Verträgen, insbesondere wenn es um Bauleitplanung und Grundstücksverkäufe geht.
Kernaussagen und Handlungsspielräume für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass der Übergang von land- und forstwirtschaftlicher Vermögensnutzung in den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels weiterhin hohen Anforderungen unterliegt und nicht allein aufgrund finanzieller Engagements angenommen wird. Für kleine Unternehmen ebenso wie für Einrichtungen im Gesundheitswesen oder den Handel eröffnet sich dadurch die Möglichkeit, Grundstücksverkäufe steuerlich günstiger zu gestalten, solange sie die technische und organisatorische Realisierung der Erschließung nicht in die eigene Hand nehmen. Steuerliche Risiken entstehen primär dann, wenn der Verkäufer selbst Bebauungspläne beantragt, umfassende technische Maßnahmen initiiert oder die Rolle eines faktischen Bauträgers übernimmt. Für die Praxis bedeutet dies, dass im Rahmen der Vertragsgestaltung vor allem darauf geachtet werden sollte, dass die Gemeinde oder ein externer Erschließungsträger die wertsteigernden Maßnahmen verantwortet. Unternehmen können somit Erschließungskosten übernehmen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Grundstücksverkäufe in den Bereich der Gewerbesteuerpflicht fallen. Dies erlaubt mehr Gestaltungsfreiheit und Flexibilität bei der Verwertung von Flächen und schafft insbesondere für den Mittelstand einen klareren Rahmen für Finanzierung und Investitionsplanung. Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen bei der Optimierung ihrer Prozesse und der Digitalisierung im Rechnungswesen. Mit unserer Erfahrung helfen wir nicht nur, steuerliche Risiken zu vermeiden, sondern durch konsequente Prozessoptimierung in der Buchhaltung erhebliche Kosten einzusparen und Strukturen nachhaltig effizienter zu gestalten.
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