Erweiterte Grundstückskürzung bei Oldtimer-Investments – neue BFH-Vorgaben zur gewerbesteuerlichen Abgrenzung
Mit seiner Entscheidung vom 24. Juli 2025 (Az. III R 23/23) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass das Halten von Oldtimern als Anlageobjekte die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes ausschließt – selbst dann, wenn mit diesen Fahrzeugen keine Einnahmen erzielt werden. Diese Grundsatzentscheidung ist insbesondere für Immobiliengesellschaften, Family Offices, aber auch für institutionelle Investoren, die Vermögensdiversifikation betreiben, von großer Relevanz. Der III. Senat des Gerichts präzisierte damit die Grenzen der gewerbesteuerlichen Begünstigung für kapitalistische Grundstücksverwaltungen und schärft das Verständnis des Ausschließlichkeitsgebotes weiter.
Nach der gesetzlichen Regelung dürfen Kapitalgesellschaften die sogenannte erweiterte Kürzung nur in Anspruch nehmen, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen oder daneben eigenes Kapitalvermögen unterhalten. Schon geringfügige Nebentätigkeiten außerhalb dieses Rahmens führen zum vollständigen Ausschluss der Begünstigung. Diese strikte Anforderung war bisher insbesondere für immobilienhaltende GmbHs praxisentscheidend – das neue Urteil zeigt nun, dass auch vermeintlich harmlose Vermögensdispositionen, wie die Anlage in Oldtimer oder Kunstgegenstände, zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen können.
Abgrenzung zwischen unschädlicher Vermögensverwaltung und schädlicher Nebentätigkeit
Das Gericht stellte erneut klar, dass der Begriff der ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes streng und normzweckorientiert auszulegen ist. Danach darf die Tätigkeit eines Unternehmens nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgehen. Bereits das bloße Halten anderer Vermögensgegenstände, die keinen unmittelbaren Bezug zur Grundstücksverwaltung aufweisen, ist kürzungsschädlich. Entscheidend ist nicht, ob aus der Tätigkeit Einnahmen entstehen. Das heißt, selbst unentgeltliche Aktivitäten können den Anspruch auf die Kürzung vereiteln.
In seiner Begründung verweist der BFH auf den systematischen Aufbau des § 9 Nr. 1 GewStG: Der Gesetzgeber hat den Katalog der unschädlichen Nebentätigkeiten bewusst eng gefasst. Das Fehlen einer ausdrücklichen Zulassung bedeutet somit zugleich deren Ausschluss. Das Halten von Oldtimern als Wertanlage sei keine zwingend notwendige Ergänzung zur Grundstücksverwaltung, sondern eine eigenständige, vom Gesetz nicht vorgesehene Form der Vermögensanlage. Damit verletze die GmbH das Ausschließlichkeitsgebot und verliert für die betroffenen Jahre die erweiterte Kürzung vollständig.
Die Entscheidung grenzt sich deutlich von Fällen ab, in denen Wirtschaftsgüter zur Verwaltung des Grundbesitzes selbst genutzt werden, etwa Büroausstattung oder Betriebsvorrichtungen. Oldtimer, die lediglich zu Anlagezwecken gehalten werden, gehören dagegen nicht zum Kapitalvermögen im steuerlichen Sinn. Denn Kapitalvermögen ist nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes nur gegeben, wenn es zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen kann, etwa aus Zinsen oder Dividenden. Eine Sammlung von Oldtimern erfüllt diese Voraussetzung nicht. Das Urteil betont somit, dass der Gesetzeszweck – die Gleichstellung von Grundstücksverwaltungen in Kapitalgesellschaften mit privater Vermögensverwaltung – keine Grundlage für eine erweiterte Interpretation bietet.
Konsequenzen und Handlungsempfehlungen für kleine und mittlere Unternehmen
Für kleine und mittelständische Unternehmen mit Immobilienbesitz, aber auch für Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Onlinehändler, die betriebliche Immobilien über eigene Gesellschaften halten, hat das Urteil eine erhebliche Tragweite. Insbesondere Immobilienverwaltungs-GmbHs sollten ihre Tätigkeitsstrukturen kritisch prüfen. Bereits das Halten von Vermögenswerten, die keine unmittelbare Verbindung zur Immobiliennutzung aufweisen, kann steuerlich schädliche Folgen haben. Auch Beteiligungen an nicht grundstücksverwaltenden Gesellschaften, Kunstsammlungen oder Oldtimer können diese Risiken auslösen.
Die Finanzverwaltung wird das Urteil voraussichtlich als verbindlichen Maßstab nutzen. Unternehmen sollten daher ihr Anlage- und Bilanzierungskonzept überprüfen und die Trennung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Tätigkeiten klar dokumentieren. Es empfiehlt sich, etwaige Wertanlagen, die nicht unmittelbar mit der Grundstücksverwaltung in Verbindung stehen, außerhalb der grundstücksverwaltenden Gesellschaft zu halten. Dadurch kann die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gesichert werden.
Für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser, die häufig über immobilienhaltende Tochtergesellschaften verfügen, ist die Entscheidung besonders relevant, weil die Strukturierung der Vermögensverwaltung hier regelmäßig steuerliche Optimierungsspielräume eröffnet. Onlinehändler oder produzierende Mittelständler, die aus Gründen der Risikotrennung Immobilien in separate Gesellschaften überführen, sollten analog verfahren. Jede zusätzliche Anlageform innerhalb einer solchen Gesellschaft kann die Kürzung vollständig zunichtemachen und führt erfahrungsgemäß zu empfindlichen Mehrbelastungen.
Aus Compliance- und Dokumentationssicht ist es ratsam, Gesellschaftsverträge und Jahresabschlüsse daraufhin zu prüfen, ob der Gesellschaftszweck oder die tatsächliche Geschäftstätigkeit lohnsteuer- oder gewerbesteuerlich riskante Elemente enthält. Eine klare Formulierung, die den Schwerpunkt auf Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes legt, minimiert Unsicherheiten. Bei Zweifel sollte eine verbindliche Auskunft der Finanzbehörde oder eine steuerliche Vorprüfung durch spezialisierte Kanzleien in Anspruch genommen werden.
Schlussfolgerung und Ausblick für die steuerliche Gestaltungspraxis
Das BFH-Urteil vom 24. Juli 2025 markiert eine weitere Präzisierung der engen Grenzen der erweiterten Grundstückskürzung. Es mahnt Unternehmen zur konsequenten Einhaltung des Ausschließlichkeitsgebotes und verdeutlicht, dass auch scheinbar nebensächliche Anlageentscheidungen gravierende gewerbesteuerliche Effekte haben können. Für Grundstücksgesellschaften bedeutet dies eine Stärkung der Notwendigkeit zur steuerlichen Disziplin und strategischen Vermögensplanung. Die Entscheidung wird langfristig die steuerliche Beratungspraxis prägen und dürfte auch für kommende Strukturierungen von Immobilienportfolios Maßstäbe setzen.
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