Ausgangssituation und Bedeutung für die Praxis
Bei Renovierungsarbeiten in einem historischen Burghotel kam es zu einem erheblichen Wasserschaden, nachdem beim Schneiden von Gipskartonplatten die installierte Sprühnebelanlage auslöste und rund 1.800 Liter Wasser austraten. Der Eigentümer machte gegenüber der Gebäudeversicherung Ersatzansprüche geltend, scheiterte jedoch in allen Instanzen. Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte mit Urteil vom 3. November 2025 (Az. 8 U 9/25) die Abweisung der Klage. Diese Entscheidung verdeutlicht, wie entscheidend die konkrete Ausgestaltung der Versicherungsbedingungen für den Versicherungsschutz im gewerblichen Bereich ist und welche Fallstricke insbesondere bei Modernisierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen lauern.
Für Unternehmen, die in eigene Immobilien investieren oder handwerkliche Tätigkeiten durchführen lassen, ist das Verständnis der vertraglichen Definition des Versicherungsfalls und seiner Ausschlusstatbestände entscheidend, um im Schadensfall nicht auf hohen Kosten sitzenzubleiben. Der Begriff des bestimmungswidrigen Wasseraustritts stand im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung und ist von erheblicher Bedeutung für gewerbliche Gebäudeversicherungen.
Rechtliche Einordnung des Versicherungsfalls
Nach den einschlägigen Versicherungsbedingungen bestand Versicherungsschutz für Schäden durch „Leckage von stationären Brandschutzanlagen“. Eine Leckage liegt dabei nur vor, wenn das Löschmedium, hier Wasser, auf einem konstruktiv nicht vorgesehenen Weg austritt. Das Oberlandesgericht stellte klar, dass das Wasser aus der Sprühnebelanlage im konkreten Fall bestimmungsgemäß ausgetreten war – nämlich an den Düsen der Anlage. Dass der Austritt auf einem Fehlalarm beruhte, änderte daran nichts. Maßgeblich sei nicht der subjektive Wille des Eigentümers, sondern der objektive Funktionsweg der Anlage.
Die Unterscheidung zwischen einem bestimmungsgemäßen und einem bestimmungswidrigen Wasseraustritt ist juristisch zentral. „Bestimmungswidrig“ bedeutet im Versicherungsrecht, dass ein Ereignis nicht dem vorgesehenen Zweck oder Ablauf entspricht. Hier war die Aktivierung der Anlage unerwünscht, aber technisch korrekt ausgeführt. Damit fehlte es an einem Versicherungsfall im Sinne der Bedingungen. Der Versicherungsnehmer konnte also keinen Ersatz verlangen, weil kein im Vertrag definierter Schaden vorlag.
Hinzu kam, dass die Versicherungsbedingungen Schäden infolge von Umbau- oder Reparaturarbeiten ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausschließen. Das Gericht bewertete die Durchführung der Trockenbauarbeiten eindeutig als Reparaturtätigkeit, sodass diese Klausel zur Anwendung kam. Damit bestand auch aus diesem Grund kein Anspruch auf Entschädigung.
Auswirkungen auf Unternehmen und Haftungsfragen
Für Eigentümerinnen und Eigentümer von gewerblich genutzten Immobilien, insbesondere im Hotelgewerbe, im Gesundheitswesen oder bei Pflegeeinrichtungen, hat dieses Urteil erhebliche praktische Relevanz. Oft werden Modernisierungsarbeiten im laufenden Betrieb vorgenommen, um den Betrieb nicht zu unterbrechen. Dabei greifen zahlreiche technische Systeme ineinander – Brandschutzanlagen, Klimaanlagen und Gebäudetechnik. Kommt es während solcher Eingriffe zu Schäden, entscheidet die präzise Vertragsgestaltung, ob ein Versicherungsfall vorliegt.
Unternehmen sollten deshalb nicht nur die Deckungssummen, sondern auch die konkret formulierten Ausschlussregelungen ihrer Gebäudeversicherung sorgfältig prüfen. Besonders bei Sanierungen und Modernisierungen empfiehlt sich eine enge Abstimmung mit der Versicherung, um zu klären, ob temporäre Schutzverluste bestehen oder ob Zusatzdeckungen erforderlich sind. Wird ein Schaden durch Fehler eines beauftragten Handwerksunternehmens verursacht, können zudem Haftungsansprüche gegen dieses geprüft werden, da eine Betriebshaftpflichtversicherung des Auftragnehmers in solchen Fällen greifen kann. Allerdings war die Haftungsfrage des Trockenbauunternehmens in dem besprochenen Fall nicht Gegenstand des Prozesses, sodass hierzu keine gerichtliche Feststellung erfolgt ist.
Für kleine und mittlere Unternehmen bietet das Urteil Anlass, die eigenen Versicherungsverträge zu überprüfen und in die internen Risikoanalysen einzubeziehen. Dabei ist es wichtig, die eigene betriebliche Praxis – etwa umfangreiche Modernisierungen oder technische Wartungsabläufe – in den Versicherungsschutz einzupassen. Die genaue Kenntnis der Begrifflichkeiten in den Bedingungen, wie „Versicherungsfall“, „Leckage“ und „bestimmungswidrig“, kann im Schadensfall über erhebliche finanzielle Konsequenzen entscheiden.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg zeigt deutlich, dass der Versicherungsschutz in der Gebäudeversicherung nicht automatisch jede Schadenssituation abdeckt. Auch wenn ein Schaden unbeabsichtigt entsteht, liegt ein Versicherungsfall nur dann vor, wenn der Schaden infolge eines vom Vertrag umfassten Ereignisses eingetreten ist. Wasseraustritte aus Brandschutzanlagen gelten nur als Versicherungsfall, wenn sie technisch fehlerhaft, also außerhalb des vorgesehenen Systems, erfolgen. Darüber hinaus können Ausschlussklauseln für Reparatur- oder Wartungsarbeiten die Ersatzpflicht des Versicherers vollständig entfallen lassen. Für Unternehmen, die regelmäßig Sanierungen durchführen oder technische Anlagen modernisieren, empfiehlt es sich, bereits vor Beginn solcher Arbeiten die bestehenden Versicherungsverträge zu prüfen und gegebenenfalls durch Zusatzvereinbarungen anzupassen.
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