Schutz der Unabhängigkeit als Grundpfeiler der Freien Berufe
Die Diskussion um das sogenannte Fremdbesitzverbot hat in jüngster Zeit an Dynamik gewonnen. Dieses Verbot beschreibt das berufsrechtliche Prinzip, dass nur Angehörige eines bestimmten freien Berufs – etwa Steuerberaterinnen und Steuerberater, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Ärztinnen und Ärzte – Eigentümer einer Berufsausübungsgesellschaft sein dürfen. Damit soll sichergestellt werden, dass die berufliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortung nicht durch sachfremde wirtschaftliche Interessen unterlaufen werden. Gerade in Branchen, in denen Mandantinnen und Mandanten auf ein Höchstmaß an Vertrauen angewiesen sind, bildet dieses Prinzip das Fundament des Berufsethos.
In den vergangenen Jahren haben internationale Finanzinvestoren zunehmend versucht, über Beteiligungskonstruktionen, Holdingstrukturen oder andere Kapitalverflechtungen mittelbar Einfluss auf Kanzleien, Praxen und Unternehmensstrukturen Freier Berufe zu nehmen. Für die betroffenen Berufsstände bedeutet dies eine Herausforderung, denn die Grenze zwischen einer rechtlich zulässigen Beteiligung und einer faktischen Einflussnahme kann im Einzelfall schwer zu ziehen sein. Entscheidend ist dabei stets, dass die professionelle Unabhängigkeit gewahrt bleibt und keine wirtschaftlichen Interessen Dritter die Qualität und Objektivität der Berufsausübung beeinträchtigen.
Juristische Grundlagen und aktuelle Gesetzesinitiativen
Das Fremdbesitzverbot ist ein zentrales Element des Steuerberatungsgesetzes sowie vergleichbarer berufsrechtlicher Regelungen anderer freier Berufe. Es schützt die Selbstbestimmung über die eigene berufliche Tätigkeit und soll verhindern, dass externe Kapitalgeber Kontrolle über die inhaltliche Arbeit erlangen. Der Gesetzgeber erkennt an, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität von Berufen wie Steuerberatung oder Rechtsberatung untrennbar mit der Unabhängigkeit ihrer Vertreter verknüpft ist.
Mit dem Referentenentwurf zum Neunten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom August 2025 wird deutlich, dass die Bundesregierung die Bedeutung dieses Schutzzwecks bekräftigt. Der Entwurf zielt darauf ab, bestehende Unklarheiten im Gesetzestext auszuräumen und die Vorschriften so zu präzisieren, dass Umgehungen durch gesellschaftsrechtliche oder kapitalbasierte Gestaltungen künftig erschwert werden. Besonders für kleine und mittelständische Steuerberatungsgesellschaften bedeutet dies eine Stärkung der Wettbewerbsfairness, da sie sich nicht den Marktmechanismen großer Investoren beugen müssen, sondern auf Qualität und persönliche Mandatsbeziehungen setzen können.
Wirtschaftliche Aspekte und Relevanz für kleine und mittlere Unternehmen
Die Debatte über das Fremdbesitzverbot ist nicht rein berufsrechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Natur. So stehen insbesondere kleinere Kanzleien vor der Herausforderung, sich gegenüber kapitalstarken Strukturen im Markt zu behaupten. Externe Finanzierungen oder Beteiligungen bieten auf den ersten Blick die Möglichkeit, Wachstum und Digitalisierung schneller voranzutreiben. Gleichzeitig entsteht aber die Gefahr, dass die Prioritäten sich verschieben: Renditeinteressen können langfristig die Verpflichtung zur objektiven Beratung und zum Mandantenschutz verdrängen.
Für mittelständische Unternehmen, die sich auf die Expertise unabhängiger Beraterinnen und Berater verlassen, ist daher die Sicherung dieser Unabhängigkeit von erheblicher Bedeutung. Sie können nur dann auf die Neutralität und Vertraulichkeit ihrer Berater vertrauen, wenn diese nicht durch Dritte wirtschaftlich beeinflusst werden. Besonders im sensiblen Bereich steuerlicher und rechtlicher Entscheidungen, in denen Diskretion und Verantwortungsbewusstsein oberste Priorität haben, ist das Fremdbesitzverbot ein unverzichtbarer Baustein zur Funktionsfähigkeit des Berufsstandes.
Aus juristischer Sicht steht hinter dieser Regelung das übergeordnete Prinzip der Selbstverwaltung der Freien Berufe. Diese Form der Organisation soll gewährleisten, dass die fachlichen Standards und berufsethischen Normen von den Berufsangehörigen selbst definiert und kontrolliert werden – nicht von renditeorientierten Investoren. Die jüngste berufsständische Initiative verdeutlicht, dass die Kammern und Verbände hier eine klare Linie verfolgen: Der Schutz vor Einflussnahme ist keine Bremse für Modernisierung, sondern eine Voraussetzung für ihre seriöse Umsetzung.
Ausblick und Bedeutung für die Praxis
Die derzeitige politische Diskussion zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber aufgerufen ist, die bestehenden Vorschriften konsequent zu konkretisieren und auf neue Marktentwicklungen anzupassen. Denkbar ist etwa, dass zukünftig strengere Transparenzpflichten bei Beteiligungsverhältnissen eingeführt oder Genehmigungsverfahren bei Kapitalbeteiligungen erweitert werden. Ziel muss es bleiben, das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Dynamik und berufsrechtlicher Integrität zu sichern.
Für Kanzleien und Beratungsunternehmen bedeutet dies, ihre Strukturen regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen, dass keine indirekten Abhängigkeiten bestehen, die das berufsrechtliche Fremdbesitzverbot tangieren könnten. Gerade mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Vernetzung wirtschaftlicher Akteure ist Wachsamkeit geboten. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung große Chancen, Effizienz zu steigern, Prozesse zu vereinfachen und Ressourcen unabhängig von externen Kapitalinteressen optimal zu nutzen.
Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen dabei, diesen Wandel aktiv zu gestalten. Wir unterstützen unsere Mandanten in der digitalen Transformation der Buchhaltung und bei der nachhaltigen Prozessoptimierung. Durch gezielte Digitalisierungslösungen und strukturierte Prozessanalyse helfen wir, Kosten zu senken und gleichzeitig rechtssichere und effiziente Arbeitsabläufe zu etablieren. So fördern wir Unabhängigkeit, Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen – heute und in Zukunft.
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