Wer eine Ferienwohnung besitzt und diese an wechselnde Feriengäste vermietet, bewegt sich steuerlich in einem sensiblen Bereich. Die ertragssteuerliche Einordnung solcher Tätigkeiten ist seit Jahren Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Mit dem aktuellen Urteil vom 12.08.2025 – IX R 23/24 hat der Bundesfinanzhof die bisherige Linie zwar bestätigt, gleichzeitig aber prägnant konkretisiert, in welchem Zeitraum die ortsübliche Vermietungszeit zu prüfen ist. Diese Entscheidung ist für zahlreiche kleine Vermieterinnen und Vermieter ebenso relevant wie für mittelständisch strukturierte Unternehmen in der Tourismusbranche, für Betreiber kleiner Gästehäuser, Plattformanbieter im Onlinehandel mit Ferienimmobilien oder auch für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, die Personalwohnungen befristet anmieten oder vermieten.
Steuerliche Beurteilung der Ferienwohnungsvermietung und rechtlicher Hintergrund
Die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus der Vermietung einer Ferienwohnung beruht auf der Frage, ob die Tätigkeit mit sogenannter Einkünfteerzielungsabsicht betrieben wird. Diese Absicht bildet die Grundlage für die Einordnung der Tätigkeit als Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Seit Langem stellt die Finanzverwaltung bei der Vermietung von Ferienwohnungen darauf ab, ob diese ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird. Dann wird grundsätzlich unterstellt, dass die Eigentümerin oder der Eigentümer eine Einkünfteerzielungsabsicht verfolgt, wodurch Verluste steuerlich abziehbar sind.
Im entschiedenen Fall hatte die Steuerpflichtige eine Ferienwohnung in einem touristisch frequentierten Ort erworben, seit 2016 vermietet und über mehrere Jahre Verluste erzielt. Das Finanzamt bezweifelte die Nachhaltigkeit des Vermietungskonzepts und verweigerte teilweise den Verlustabzug, weil die jährliche ortsübliche Vermietungszeit nicht erreicht worden sei. Das Finanzgericht bestätigte die Sichtweise zunächst, legte jedoch die Vergleichszeiträume jährlich aus. Der Bundesfinanzhof hob diese Auslegung nun auf und konkretisierte, dass für die Prüfung ein zusammenhängender Zeitraum von drei bis fünf Jahren zugrunde zu legen ist. Erst auf dieser Basis kann festgestellt werden, ob die ortsübliche Vermietungszeit um mehr als 25 Prozent unterschritten wurde.
Auslegung und rechtliche Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Mit seiner Entscheidung stellt der Bundesfinanzhof klar, dass die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht jahresbezogen, sondern periodenübergreifend vorzunehmen ist. Dieses Verständnis stärkt die Planungssicherheit für Vermietende, weil kurzfristige Schwankungen, die oft durch äußere Einflüsse wie wetterbedingte Nachfragerückgänge oder Reisebeschränkungen entstehen, nicht automatisch zu steuerlichen Nachteilen führen dürfen. Die Finanzgerichte müssen künftig berücksichtigen, ob über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg die ortsübliche Auslastung maßgeblich unterschritten wurde. Die Grenze von 25 Prozent bleibt dabei ein zentraler Prüfungsmaßstab.
Die Entscheidung stützt sich dogmatisch auf die Grundsätze der Totalgewinnprognose, die verlangt, die wirtschaftliche Tätigkeit über einen längeren Zeitraum zu bewerten. Einzeljahresbetrachtungen können Ausreißer erzeugen, die dem wahren wirtschaftlichen Charakter der Vermietung nicht gerecht werden. Damit verschiebt sich die praktische Beweisführung: Steuerpflichtige sollten künftig ihre Vermietungstage, Buchungen und saisonalen Besonderheiten über mehrere Jahre dokumentieren, um eine solide Datengrundlage für etwaige Betriebsprüfungen oder Einsprüche zu schaffen.
Bemerkenswert ist zudem, dass das Gericht nicht lediglich eine Bestätigung bestehender Rechtsprechung liefert, sondern die Bedeutung der 25-Prozent-Grenze dynamisiert. Die Entscheidung betont die Vergleichbarkeit zur ortsüblichen Vermietungspraxis, die auf den jeweiligen Markt des Ferienorts bezogen ist. Damit rückt das Verhältnis zur lokalen Nachfrage stärker in den Fokus, was insbesondere bei außergewöhnlichen Marktentwicklungen – etwa pandemiebedingten Ausfällen – von erheblicher Bedeutung ist. Praktisch wird sich daraus ergeben, dass die Finanzverwaltung stärker prüfen muss, wie belastbar und marktüblich die herangezogenen Vergleichswerte tatsächlich sind.
Relevanz und Handlungsoptionen für Unternehmen und Vermietergruppen
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die im Ferienimmobiliensektor tätig sind, hat die Entscheidung eine erhebliche praktische Tragweite. Ob es sich um Familienbetriebe in Tourismusregionen, gewerbliche Vermietungsunternehmen, Onlineplattformen für Ferienunterkünfte oder auch steuerlich beratene Pflegeeinrichtungen handelt, die zeitweise Unterkünfte an Dienstleistende oder Angehörige vermieten: Der Bundesfinanzhof schafft mit seiner Entscheidung Planungssicherheit und einen klaren Orientierungsrahmen. Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer können nunmehr ihre Vermietungsstrategie langfristiger ausrichten, ohne dass einzelne schwache Jahre sofort steuerliche Nachteile nach sich ziehen.
Für Steuerberatende ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Vermietungskonzepte im Rahmen der Jahresabschlusserstellung umfassender periodisch zu bewerten. Es sollte geprüft werden, ob die Aufzeichnungen zur Auslastung und Werbungskostenbelege über mehrere Jahre schlüssig dokumentiert sind. Zudem sollten Dienstleister und Immobilienverwaltungen ihre Buchungssysteme digitalisieren, um mehrjährige Auswertungen schnell und strukturiert vornehmen zu können. Speziell für kleine Vermietungsbetriebe kann die Nutzung digitaler Auslastungsanalysen helfen, die 25-Prozent-Grenze fortlaufend zu überwachen.
Onlinehändler mit ergänzenden Dienstleistungen im Ferienimmobiliensektor, beispielsweise über Plattformen oder Reiseportale, können aus dieser Rechtsprechung ebenso profitieren. Sie bietet ihnen die Möglichkeit, Steuerfragen ihrer angebotenen Vermietungsmodelle transparenter zu gestalten. Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, die im Rahmen von Personalwohnungen Nebeneinkünfte erzielen, sollten ebenfalls auf die längerfristige Betrachtung achten, wenn sie Leerstände vermeiden und eine steuerlich optimierte Nutzung gewährleisten wollen.
Fazit und Ausblick für die steuerliche Planungssicherheit
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs stärkt die Rechtssicherheit in der steuerlichen Behandlung von Ferienwohnungen und schafft für viele betroffene Unternehmen eine nachvollziehbare Linie, die wirtschaftliche Realität und steuerliche Systematik in Einklang bringt. Langfristige Betrachtungen sollen verhindern, dass kurzfristige Nachfragerückgänge die steuerliche Anerkennung von Verlusten gefährden. Für Vermietende, ob privat oder gewerblich, empfiehlt es sich, Buchungsdaten kontinuierlich zu erfassen und regelmäßige Auswertungen vorzunehmen, um steuerlich optimal vorbereitet zu sein. So lässt sich nicht nur die Steuerlast steuern, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der Vermietung langfristig verbessern.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei der Optimierung ihrer Buchhaltungs- und Vermietungsprozesse. Durch digitale Lösungen und gezielte Prozessoptimierung helfen wir, steuerliche Risiken zu minimieren und zugleich Effizienz und Kostenstruktur nachhaltig zu verbessern. Unser Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung und der wirtschaftlichen Prozessoptimierung im Mittelstand – von der kleinen Vermieterin bis zum spezialisierten Dienstleistungsunternehmen.
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