Praxisrelevante Orientierung zur EU-Taxonomie-Verordnung
Mit dem jüngsten Entwurf der Europäischen Kommission zu neuen Fragen und Antworten zur Anwendung der EU-Taxonomie-Verordnung wird ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung erreicht. Der Entwurf, der am 17. Dezember 2025 veröffentlicht wurde, zielt darauf ab, die praktische Umsetzung der komplexen Anforderungen für Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, zu erleichtern. Die EU-Taxonomie-Verordnung definiert, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten können. Sie ist damit ein zentrales Instrument der europäischen Sustainable-Finance-Strategie und beeinflusst sowohl Investitionsentscheidungen als auch die nichtfinanzielle Berichterstattung vieler Unternehmen.
Die Klarstellungen im Entwurf beziehen sich vor allem auf die erstmals anwendbaren Regelungen der neuen Delegierten Verordnung. Diese enthält nähere Vorgaben zu technischen Bewertungskriterien für einzelne Wirtschaftssektoren. Unternehmen, die kapitalmarktorientierte Nachhaltigkeitsberichte erstellen, müssen ihre Tätigkeiten gemäß diesen Kriterien klassifizieren und bewerten. Dabei stellt sich in der Praxis häufig die Frage, wie die Wesentlichkeit einzelner Tätigkeiten zu bestimmen ist und welche Offenlegungspflichten daraus folgen.
Wesentlichkeitsansatz als neuer Schwerpunkt
Eine der zentralen Neuerungen ist der sogenannte Wesentlichkeitsansatz. Dieser Ansatz berücksichtigt, dass nicht jede wirtschaftliche Tätigkeit eines Unternehmens für die Taxonomie-Bewertung gleichermaßen relevant ist. Stattdessen sollen die Unternehmen künftig ihre Berichterstattung auf wesentliche Tätigkeiten konzentrieren, also auf jene, die in Bezug auf Umweltwirkungen und Kapitalflüsse eine erkennbare Bedeutung haben. Für kleine und mittelständische Unternehmen, die sich schrittweise an Nachhaltigkeitsanforderungen herantasten, bedeutet dies eine deutliche Entlastung. Gerade diese Betriebe stehen oft vor der Herausforderung, die inhaltliche Tiefe und den administrativen Aufwand solcher Offenlegungspflichten mit den verfügbaren Ressourcen in Einklang zu bringen.
Für Banken, Finanzdienstleister und institutionelle Investoren schafft der Wesentlichkeitsansatz ein klareres Bild über die Nachhaltigkeitsleistung ihrer Portfoliounternehmen. Gleichzeitig wird ein Rahmen geschaffen, um auch Special Purpose Vehicles, also Zweckgesellschaften für spezielle Investitionszwecke, in die Offenlegungssystematik einzubeziehen. Der Entwurf legt dar, in welchem Umfang diese Gesellschaften ihre Aktivitäten taxonomiekonform darzustellen haben. Das schafft Transparenz, ohne über die bestehenden gesetzlichen Anforderungen hinaus zusätzliche Pflichten zu begründen.
Konkrete Auswirkungen auf Berichtspflichten
Die im Entwurf enthaltenen 17 Fragen und Antworten dienen dazu, einheitliche Auslegungsmaßstäbe zu schaffen. Unternehmen sollen sich bei der Anwendung der Bestimmungen stärker an der tatsächlichen wirtschaftlichen Substanz orientieren, statt an rein formalen Kriterien. Wichtig ist dabei, dass die Kommission keine neuen materiellen Pflichten begründet. Vielmehr soll die Veröffentlichung die bereits bestehenden Verordnungen besser verständlich machen und einheitliche Auslegungen in der Unternehmenspraxis fördern.
Gerade in Branchen wie der Gesundheitswirtschaft, im produzierenden Gewerbe oder bei Onlinehändlern ergibt sich daraus ein praktischer Mehrwert. Viele dieser Unternehmen sind bislang indirekt betroffen, etwa über Anforderungen von Finanzierungspartnern oder Konzernvorgaben. Durch die verbesserten Erläuterungen können sie besser einschätzen, welche Daten sie erheben und offenlegen müssen, um ESG-Kriterien – also Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung – nachvollziehbar zu erfüllen. Diese Transparenzanforderungen gewinnen auch für kleinere Betriebe zunehmend an Bedeutung, da sie etwa im Rahmen von Kreditvergaben oder Lieferkettenprüfungen eine Rolle spielen.
Fazit und Handlungsempfehlung
Der neue Entwurf der Europäischen Kommission stärkt die Anwendungsfreundlichkeit der EU-Taxonomie-Verordnung und bietet zugleich mehr Rechtssicherheit. Unternehmen sollten die darin enthaltenen Klarstellungen sorgfältig prüfen und ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung darauf abstimmen. Die Einführung des Wesentlichkeitsansatzes eröffnet insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, ihre Ressourcen gezielter einzusetzen und den Aufwand für die Berichterstattung deutlich zu reduzieren, ohne an regulatorischer Compliance einzubüßen.
Für die Unternehmenspraxis gilt es nun, Prozesse und Systeme so auszurichten, dass die Informationen strukturiert, nachvollziehbar und prüfungssicher bereitgestellt werden können. Moderne digitale Lösungen für die Datenerhebung und -auswertung bieten hier entscheidende Vorteile. Eine frühzeitige Integration solcher Instrumente fördert nicht nur die Einhaltung regulatorischer Vorgaben, sondern steigert auch Effizienz und Transparenz innerhalb der Organisation.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei der Implementierung digitaler und prozessoptimierter Strukturen in der Buchhaltung und Berichterstattung. Durch unsere Spezialisierung auf Digitalisierung und Prozessoptimierung helfen wir, steuerliche und administrative Abläufe zu vereinfachen und damit erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen – von der digitalen Buchführung bis hin zur nachhaltigen Finanzstrategie.
Gerichtsentscheidung lesen