Hintergrund und Bedeutung der DAC-Richtlinie
Die Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung, kurz DAC-Richtlinie genannt, bildet das Fundament des steuerlichen Informationsaustausches innerhalb der Europäischen Union. Ihr Ziel besteht darin, durch einen strukturierten Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten mehr Transparenz zu schaffen und den Kampf gegen Steuerbetrug, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung systematisch zu stärken. Mit der Vorlage des zweiten Bewertungsberichts im November 2025 hat die Europäische Kommission eine umfassende Bestandsaufnahme vorgenommen, die den Zeitraum von 2018 bis 2023 abdeckt. Dabei wurden die bisherigen Ausbaustufen der DAC – von der ursprünglichen Fassung (DAC1) bis hin zu DAC6 – in die Analyse einbezogen. Für die jüngste Ergänzung DAC7 liegen zwar noch keine vollständigen statistischen Daten vor, doch lassen sich bereits qualitative Einschätzungen treffen.
In der Gesamtbewertung bescheinigt die Europäische Kommission der DAC-Richtlinie eine solide Funktionsweise. Sie habe wesentlich dazu beigetragen, den Datenaustausch zwischen den Finanzverwaltungen effizienter zu gestalten und grenzüberschreitende Missbrauchsfälle schneller zu erkennen. Gleichwohl bleibt die EU-kommissionsinterne Einschätzung nicht kritiklos: Gerade die praktische Umsetzung, insbesondere bei der Anwendung von DAC6, zeigt, dass Differenzen in der Auslegung und Handhabung durch die Mitgliedstaaten den Erfolg der Richtlinie teilweise bremsen.
Herausforderungen der Umsetzung und geplante Anpassungen
Der Bewertungsbericht hebt hervor, dass die Komplexität bestimmter Regelungsbereiche für Steuerpflichtige wie auch für Intermediäre – das sind etwa Steuerberatende, Finanzdienstleister oder Anwaltskanzleien, die an meldepflichtigen Gestaltungen beteiligt sind – erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Die weite Definition von sogenannten Kennzeichen, die mögliche grenzüberschreitende Steuergestaltungen erfassen sollen, führt in der Praxis häufig zu Unsicherheiten. Diese Unsicherheiten erschweren es Unternehmen, ihren Offenlegungspflichten korrekt und fristgerecht nachzukommen. Unterschiedliche nationale Interpretationen resultieren außerdem in einem fragmentierten Vollzug der Richtlinie, was den Gleichbehandlungsgrundsatz innerhalb des Europäischen Binnenmarktes beeinträchtigen kann.
Die Europäische Kommission hat daher angekündigt, überarbeitete Leitlinien vorzulegen, um für Rechtsklarheit und Einheitlichkeit zu sorgen. Parallel sollen die bestehenden Kennzeichen überarbeitet werden. Ziel ist es, die Praxistauglichkeit der Meldepflichten zu verbessern, ohne den präventiven Charakter der Regelung abzuschwächen. Diese Maßnahmen sollen insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugutekommen, die über keine umfangreichen internen Rechts- oder Compliance-Abteilungen verfügen und bislang einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bei der Umsetzung tragen müssen.
Stärkung der digitalen Infrastruktur und Datenqualität
Ein zentrales Anliegen der Europäischen Kommission ist die weitergehende Digitalisierung der Steuerverwaltungen. Für die Zukunft ist vorgesehen, eine EU-weite Steueridentifikationsnummer, kurz TIN, stärker in die nationalen Systeme zu integrieren. Diese Nummer soll es den Finanzbehörden ermöglichen, Datensätze mit höherer Präzision und automatisiert abzugleichen, sodass Fehlzuordnungen und Doppelmeldungen reduziert werden. Zusätzlich ist geplant, eine Studie zur Einrichtung eines zentralen Prüfmechanismus für die TIN zu erstellen, um eine durchgängige Validierung zu gewährleisten. Damit könnte in Zukunft eine nahezu vollständige Zuordnungsquote erreicht werden.
Darüber hinaus soll der Datenaustausch technisch verbessert werden. Bisherige Schnittstellen zwischen den nationalen Steuerverwaltungen werden vielfach unabhängig voneinander betrieben, was zu redundanten Prozessen führt. Ein gemeinsames Zugangsportal, das sowohl Meldepflichtige als auch Behörden nutzen könnten, wird daher als Option geprüft. Auf diese Weise sollen Informationen nur einmal eingereicht werden, während alle relevanten Behörden automatisiert Zugriff erhalten. Dies senkt nicht nur den Verwaltungsaufwand, sondern reduziert auch potenzielle Fehlerquellen. Für international agierende Unternehmen, etwa Onlinehändler oder Dienstleistungsbetriebe mit EU-weiter Geschäftstätigkeit, ist ein einheitlicher digitaler Meldeprozess ein erheblicher Vorteil, da er die Compliance-Kosten senkt und Rechtssicherheit stärkt.
Auswirkungen und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Die Reformbestrebungen unterstreichen die zunehmende Verknüpfung von Steuerrecht und Digitalisierung. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre internen Prozesse mehr denn je an datenbasierte Melde- und Kontrollmechanismen anpassen müssen. Eine stärke Nutzung steuerrelevanter Daten im Rahmen nationaler Risikoanalysesysteme deutet an, dass Finanzverwaltungen künftig stärker automatisiert prüfen werden, ob gemeldete Sachverhalte mit Unternehmensangaben korrespondieren. Unternehmen sollten deshalb auf konsistente Datenstrukturen, klar dokumentierte Steuerprozesse und die lückenlose Nachvollziehbarkeit ihrer grenzüberschreitenden Aktivitäten achten. Fehlende Abstimmungen oder Inkonsistenzen können künftig schneller auffallen und gegebenenfalls sanktioniert werden, zumal die Europäische Kommission auch eine Überprüfung der nationalen Bußgeldregelungen angekündigt hat.
Insgesamt zeigt sich, dass der zweite DAC-Bewertungsbericht der Europäischen Kommission nicht nur ein Kontrollinstrument darstellt, sondern auch die Weichen für die künftige Ausrichtung der europäischen Steuerkooperation stellt. Für kleine und mittelständische Betriebe ist es daher ratsam, frühzeitig auf digitale Compliance-Lösungen zu setzen und ihre Buchhaltungs- und Steuerprozesse systematisch zu automatisieren. Nur so lässt sich sicherstellen, dass sie den wachsenden Dokumentations- und Meldepflichten effizient begegnen können und gleichzeitig die Anforderungen an Datenschutz, Transparenz und Nachvollziehbarkeit erfüllen.
Fazit und Ausblick
Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit im Steuerwesen wird sich in den kommenden Jahren weiter intensivieren. Der zweite Bewertungsbericht verdeutlicht, dass die Europäische Union den Weg zu einer vollständig digital gestützten Steueradministration konsequent fortsetzen will. Für Unternehmen entsteht daraus die Pflicht, ihre internen Systeme auf die vernetzte Steuerwelt vorzubereiten, gleichzeitig jedoch auch die Chance, Prozesse zu verschlanken und Kosten zu senken. Eine vorausschauende steuerliche Organisation, kombiniert mit einer modernen IT-Struktur, wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren davon, wenn sie frühzeitig auf Automatisierung und digitale Schnittstellen setzen. Unsere Kanzlei begleitet Mandanten dabei seit Jahren mit besonderem Schwerpunkt auf Prozessoptimierung, digitaler Buchhaltung und nachhaltiger Effizienzsteigerung. Wir betreuen Unternehmen jeder Größe, vom kleinen Betrieb bis zum mittelständischen Unternehmen, und zeigen, wie sich steuerliche Pflichten einfacher, schneller und kostengünstiger gestalten lassen.
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