Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz
Die sogenannte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz ermöglicht es Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, ihren Gewerbeertrag weitgehend von der Gewerbesteuer zu befreien. Ziel der Regelung ist es, eine Gleichbehandlung zwischen reinen Vermögensverwaltungen und aktiven gewerblichen Tätigkeiten zu gewährleisten. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit des Unternehmens sich im Wesentlichen auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen unbeweglichen Vermögens beschränkt, also auf Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden. Schon kleinere Abweichungen hiervon können jedoch zur Versagung der Begünstigung führen. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, unter welchen Umständen die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen als unschädlich angesehen werden kann.
Die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof (Az. IV R 31/23 vom 25. September 2025) hat diese Frage erneut aufgegriffen und eine klare Linie gezogen. Im konkreten Fall ging es um ein Kaufhaus, in dem der Eigentümer neben dem Gebäude auch einen fest mit dem Baukörper verbundenen Lastenaufzug an den Betreiber vermietete. Streitpunkt war, ob diese Mitvermietung die erweiterte Kürzung ausschließt. Nach der ständigen Rechtsprechung gehört eine Betriebsvorrichtung – also eine technische Anlage, die dem Betrieb unmittelbar dient, beispielsweise Fahrstühle, Kühlanlagen oder Produktionsmaschinen – bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz. Daher kann ihre Mitvermietung grundsätzlich die Begünstigung gefährden. Der Bundesfinanzhof stellte nun klar, dass dies auch dann gilt, wenn die Vorrichtung fest mit dem Gebäude verbunden ist. Entscheidend ist nicht die bauliche Verbindung, sondern die funktionale Zuordnung: Dient die Anlage dem Betrieb des Mieters und nicht der allgemeinen Nutzung des Gebäudes selbst, liegt eine schädliche Mitvermietung vor.
Allerdings bleibt eine wichtige Ausnahme bestehen. Eine Mitvermietung kann unschädlich sein, wenn sie als sogenanntes Nebengeschäft angesehen wird. Dies ist dann der Fall, wenn die überlassene Betriebsvorrichtung einen zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Verwaltung des eigenen Grundbesitzes bildet. Ob dies anzunehmen ist, hängt von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab. Der Bundesfinanzhof betonte ausdrücklich, dass eine feste bauliche Verbindung lediglich ein Indiz darstellen kann, um die Qualifikation als Nebengeschäft zu stützen. Maßgeblich bleibt die wirtschaftliche und funktionale Bedeutung der Vorrichtung im Gesamtzusammenhang der Vermietung.
Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Für Unternehmen, insbesondere Immobiliengesellschaften, Handelsketten oder auch Betreiber von Spezialimmobilien wie Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, hat die Entscheidung erhebliche Relevanz. In vielen Fällen werden Gebäude nicht ohne technische Ausstattung vermietet. Gerade Aufzüge, Klimaanlagen oder Hebeanlagen sind häufig integraler Bestandteil einer Immobilie, können aber zugleich Betriebsvorrichtungen sein. Entscheidend ist nun, die Funktion dieser Vorrichtungen in der Gesamtnutzung des Objekts richtig einzuordnen. Dient eine Anlage hauptsächlich dem Betrieb des Mieters, liegt regelmäßig eine schädliche Mitvermietung vor. Ist sie hingegen für die bestimmungsgemäße Nutzung des Gebäudes selbst erforderlich – etwa ein Personenaufzug in einem Bürohaus – kann sie Teil des Grundbesitzes bleiben und die Kürzung bleibt erhalten.
Unternehmen, die ihren Gewerbeertrag optimieren möchten, sollten daher ihre Mietverträge und technischen Ausstattungen gründlich prüfen. Eine enge Abstimmung zwischen Steuerberatung, technischer Objektplanung und Vertragsgestaltung ist hierbei unverzichtbar. Fehler in der Beurteilung können zu einer nachträglichen Aberkennung der erweiterten Kürzung führen, was erhebliche Gewerbesteuernachzahlungen nach sich ziehen kann. Auch bei Konzernstrukturen, in denen Immobiliengesellschaften als rechtlich eigenständige Einheiten auftreten, ist besondere Vorsicht geboten. Bereits geringfügige Nebenleistungen – wie die Wartung einer Betriebsvorrichtung oder die Lieferung von Betriebsstoffen – können die Begünstigung gefährden, wenn sie über ein erforderliches Maß hinausgehen.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz äußerst restriktiv auszulegen ist. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten bei der Vertragsgestaltung darauf achten, dass Miet- und Nebengeschäfte strikt voneinander getrennt und als wirtschaftlich notwendige Leistungen begründet werden. Eine Dokumentation der Funktion und Nutzung jeder mitvermieteten technischen Einrichtung kann im Zweifel helfen, den begünstigten Charakter der Tätigkeit zu untermauern. Steuerberatende sollten ihre Mandanten gezielt darauf hinweisen, bei Neuvermietungen oder bei der Anschaffung technischer Anlagen frühzeitig steuerliche Beratung einzuholen. So lassen sich spätere Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden vermeiden.
Unsere Kanzlei unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Buchhaltungsprozesse zu optimieren und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten effizient zu nutzen. Mit Fokus auf Digitalisierung und durchdachte Prozessoptimierung erzielen unsere Mandanten nachhaltige Kostenvorteile und sichern langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit im Mittelstand.
Gerichtsentscheidung lesen