Aufteilung des Gesamtkaufpreises bei denkmalgeschützten Immobilien: rechtlicher Rahmen und aktueller Hintergrund
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 7. Oktober 2025 (Az. IX R 26/24) eine für viele Unternehmerinnen und Unternehmer, Steuerberatende sowie Finanzinstitutionen praxisrelevante Entscheidung zur Bewertung von denkmalgeschützten Immobilien getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie der Gesamtkaufpreis beim Erwerb solcher Immobilien zwischen dem Grund- und Bodenanteil sowie dem Gebäudeanteil aufzuteilen ist, wenn für steuerliche Zwecke die Absetzung für Abnutzung, kurz AfA, berechnet werden soll. Die Entscheidung klärt grundlegende Bewertungsfragen, die auch für kleine Unternehmen, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Onlinehändler mit Investitionen in betriebliche Immobilien direkte Bedeutung haben können.
Bislang herrschte Unsicherheit, ob die Besonderheiten denkmalgeschützter Immobilien – insbesondere der Erhaltungszwang und die oft langen Nutzungszeiträume – dazu führen, dass der Grund und Boden einen geringeren oder gar keinen eigenständigen Wert aufweist. Der BFH hat diese Sichtweise nun eindeutig zurückgewiesen und die rechtliche Systematik der Immobilienwertermittlungsverordnung bestätigt. Dadurch wurde eine stärker einheitliche und methodisch klare Grundlage für die steuerliche Behandlung geschaffen, die Verlässlichkeit und Planbarkeit bei Investitionsentscheidungen erhöht.
Bewertungsmethode und rechtliche Würdigung des Bundesfinanzhofs
Der Senat stellte klar, dass die Aufteilung des Gesamtkaufpreises zwingend nach den Verhältnissen des Verkehrswerts zwischen Grund und Boden sowie Gebäude vorzunehmen ist. Maßgeblich sei hierbei die Anwendung des sogenannten allgemeinen Ertragswertverfahrens nach § 28 der Immobilienwertermittlungsverordnung. Dieses Verfahren ermittelt den Wert einer Immobilie, indem der Reinertrag nach Abzug der Bodenwertverzinsung kapitalisiert wird und der anhand von Bodenrichtwerten abgeleitete Bodenwert hinzugerechnet wird. Damit wendet sich der BFH ausdrücklich gegen vereinfachte Verfahren, die den Bodenwert pauschal oder mit Null ansetzen.
Rechtlich ist diese Entscheidung in den Grundsätzen des Einkommensteuergesetzes, insbesondere in § 7 Absatz 4 Satz 2, verankert. Diese Vorschrift ermöglicht es, für die Abschreibungsberechnung eine tatsächliche Nutzungsdauer heranzuziehen, wenn diese durch ein Gutachten nachgewiesen wird. Der BFH betonte, dass selbst bei denkmalgeschützten Gebäuden eine begrenzte wirtschaftliche Nutzungsdauer gilt – im konkreten Fall 30 Jahre. Der Gedanke einer „ewigen Nutzungsdauer“, wie ihn manche Eigentümerinnen und Eigentümer vertreten, wurde verworfen, da auch Denkmalsubstanz trotz Schutzstatus der materiellen Abnutzung und dem Risiko äußeren Verlusts unterliegt.
Die Entscheidung hat zudem Bedeutung für die Bewertungsgrundsätze der Finanzverwaltung. Sie verdeutlicht, dass die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes zwar Einfluss auf die Erhaltungsaufwendungen haben kann, nicht jedoch zwingend den Bodenwert mindert. Der Grund und Boden bleibt weiterhin eigenständig werthaltig, da er maßgeblich durch Lage und Nutzbarkeit bestimmt wird. Somit hat der BFH die Praxis der objektbezogenen Bewertung und die sachverständige Anwendung marktorientierter Parameter gestärkt.
Relevanz und Konsequenzen für Unternehmen, Pflegeeinrichtungen und Onlinehändler
Die praktischen Folgen dieser Entscheidung reichen weit über den Einzelfall hinaus. Besonders Immobilieninvestoren, kleine und mittlere Unternehmen sowie institutionelle Träger wie Pflegeheime oder Krankenhäuser können künftig auf eine klarere Bewertungsbasis bei steuerlichen Abschreibungen zurückgreifen. In der Praxis bedeutet dies, dass beim Erwerb von Immobilien – etwa für Betriebsräume, Pflegeeinrichtungen oder Lagergebäude – eine sachgerechte Wertermittlung der Bestandteile unabdingbar ist. Die Aufteilungskriterien müssen in Gutachten nachvollziehbar dargelegt werden, um späteren Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung vorzubeugen.
Für die steuerliche Beratungspraxis bietet das Urteil Orientierung im Umgang mit denkmalgeschützten Objekten. Steuerberatende können sich nun darauf stützen, dass die Anwendung des allgemeinen Ertragswertverfahrens rechtlich abgesichert ist. Dies reduziert Rechtsunsicherheit und verbessert die Argumentationsbasis sowohl bei der Erstellung von Bewertungsunterlagen als auch bei Betriebsprüfungen. Für Onlinehändler oder technologieorientierte Betriebe, die in innerstädtische Start-up-Immobilien oder historische Bürogebäude investieren, erleichtert dies die Planung von Investitions- und Abschreibungszyklen. Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser profitieren insbesondere dann, wenn Modernisierungen im Rahmen des Denkmalschutzes erfolgen und erhöhte Abschreibungen nach § 7i Einkommensteuergesetz genutzt werden können. Die Entscheidung verdeutlicht dabei, dass wirtschaftlich begründete Gutachten entscheidenden Einfluss auf die steuerliche Anerkennung von AfA-Sätzen haben.
Auch Finanzinstitutionen, die Immobilienfinanzierungen strukturieren oder Objekte bewerten, erhalten mit diesem Urteil mehr Rechtssicherheit bei der Ermittlung von Beleihungswerten. Die nunmehr klar bestätigte Trennung der Wertkomponenten ermöglicht präzisere Risikobewertungen und stärkt die Vergleichbarkeit der Objekte im Markt. Zugleich unterstreicht die Entscheidung die Notwendigkeit, Bewertungsprozesse transparent zu dokumentieren und methodisch sauber nach ImmoWertV vorzunehmen. Diese Entwicklung trägt zur Professionalisierung der immobilienbezogenen Finanzierungs- und Steuerplanung bei.
Schlussfolgerung und Handlungsoptionen für die Praxis
Mit seiner Entscheidung hat der Bundesfinanzhof einen wesentlichen Grundsatz zur steuerlich relevanten Kaufpreisaufteilung bei denkmalgeschützten Immobilien bestätigt. Unternehmen sollten künftig prüfen, ob ihre bisherigen Bewertungsmodelle und AfA-Bemessungsgrundlagen der Methode des allgemeinen Ertragswertverfahrens entsprechen. Ein Nullansatz für den Bodenwert ist nach den nun klargestellten Maßstäben nicht haltbar. Für die Praxis bedeutet das: Nur auf Grundlage fundierter Gutachten ist eine steuerlich tragfähige Verteilung möglich, die rechtlichen Bestand hat. Die Regelungen der Immobilienwertermittlungsverordnung bieten dafür die methodische Grundlage, die durch den BFH bestätigt wurde.
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die Immobilien als Vermögens- oder Betriebsgrundlage halten, ist es ratsam, den gesamten Bewertungsprozess zu dokumentieren und frühzeitig steuerlich begleiten zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Denkmalschutzvorgaben oder aufwendige Sanierungen den Nutzungszeitraum beeinflussen. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen jeder Größe bei der Digitalisierung und Prozessoptimierung in der Buchhaltung sowie bei der effizienten Gestaltung der steuerlichen Immobilienbewertung. Durch unsere Spezialisierung auf die Digitalisierung betrieblicher Abläufe schaffen wir nachhaltige Kostenvorteile und begleiten Mittelständler bei der sicheren Umsetzung der neuen steuerlichen Standards.
Gerichtsentscheidung lesen