Betriebsprüfung durch DRV und Zoll: Regelungshintergrund und rechtlicher Rahmen
Die Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung und den Zoll gehört mittlerweile zum festen Bestandteil der Unternehmensrealität in Deutschland. Alle Arbeitgeber, und somit auch kleine Unternehmen, mittelständische Betriebe, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Onlinehändler, werden in der Regel routinemäßig mindestens alle vier Jahre überprüft. Rechtliche Grundlage ist die Pflicht der Rentenversicherungsträger, die ordnungsgemäße Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zu kontrollieren. Die Prüfungen werden oftmals durch Informationsaustausch mit anderen Behörden wie dem Finanzamt oder den Zoll ausgelöst; diese sind verpflichtet, auffällige Sachverhalte oder Verstöße weiterzugeben.
Die schriftliche Prüfankündigung erfolgt üblicherweise spätestens 14 Tage vor Beginn der Prüfung. Unternehmen sind verpflichtet, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Dabei kann bereits eine vermeintliche Kleinigkeit ungeahnte Folgen nach sich ziehen, denn Ziel der Betriebsprüfung ist nicht nur die Beitragskontrolle, sondern auch die Aufdeckung möglicher strafrechtlicher Sachverhalte – etwa bei der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dieses Risiko betrifft unmittelbar die Geschäftsleitung und kann zu einer Verfolgung wegen Verstoßes gegen § 266a des Strafgesetzbuchs führen.
Juristische Einordnung der Betriebsprüfungen und Analyse zentraler Problemfelder
Die juristische Bedeutung dieser Prüfungen erschöpft sich nicht im reinen Beitragsrecht, sondern reicht in zahlreiche weitere Rechtsbereiche hinein. Es lässt sich folgende Analyse vornehmen:
- Die Prüfung des Erwerbsstatus ist ein zentrales Feld. Liegt eine abhängige Beschäftigung vor, obwohl sie als selbstständige Tätigkeit gemeldet wurde, spricht man von Scheinselbstständigkeit. Fehlerhafte Einstufungen verpflichten Arbeitgeber, sowohl den eigenen Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsträgern nachzuzahlen. Die jüngere Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20.07.2023 (B 12 R 15/21 R) verdeutlicht, dass die Beauftragung einer Ein-Personen-GmbH ebenfalls Risiken birgt, wenn die tatsächliche Arbeitsorganisation wie ein Anstellungsverhältnis wirkt.
- Ein weiteres Risikofeld betrifft geringfügig Beschäftigte, besser bekannt als Minijobber. Häufige Fehler entstehen durch unzulässigen Aufbau und Ausgleich von Überstunden, was dazu führt, dass sogenannter Phantomlohn entsteht. Dabei handelt es sich um fiktive Ansprüche, die bereits im Zeitpunkt der Entstehung sozialversicherungspflichtig gewesen wären. Werden die Grenzen der Geringfügigkeit überschritten, endet die Pauschalverbeitragung und es entstehen erhebliche Nachzahlungspflichten.
- Die Schnittstelle zur Lohnsteuer ist rechtlich relevant. Problematische Sachverhalte aus Sicht der Sozialversicherung wirken regelmäßig auch lohnsteuerlich fort und können den Tatbestand der Steuerhinterziehung oder zumindest einer leichtfertigen Steuerverkürzung erfüllen. Auch die Umsatzsteuer kann betroffen sein, etwa wenn aufgrund einer fehlerhaften Behandlung von Scheinselbstständigen Vorsteuer zu Unrecht erstattet wurde.
- Hinzu kommt die Zuständigkeit des Zolls im Rahmen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Aufenthaltsgesetz können hier zugleich strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen. Zudem stehen auch Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz im Fokus, da sich die Prüffelder vielfach überschneiden.
Diese Konstellationen verdeutlichen, dass die rechtlichen Risiken nicht nur im Bereich des Beitragsrechts, sondern in einem breiten Schnittfeld zwischen Steuer-, Sozialversicherungs-, Arbeits- und Strafrecht liegen.
Praktische Bedeutung für kleine Unternehmen, Mittelstand, Pflegeeinrichtungen und Onlinehändler
Die praktische Tragweite einer Betriebsprüfung ist je nach Branche unterschiedlich, die juristischen Konsequenzen bleiben jedoch vergleichbar gravierend. Kleine Unternehmen und Start-ups sehen sich oft mit begrenzten administrativen Ressourcen konfrontiert, was die Gefahr erhöht, dass Unterlagen unvollständig sind oder Fristen nicht eingehalten werden. Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser wiederum sind durch den hohen Anteil an Fachkräften im Bereich Honorarkräfte und Minijobs besonders stark den Risiken ausgesetzt, die Scheinselbstständigkeit oder Überschreiten von Geringfügigkeitsgrenzen mit sich bringen. Hier können aus falsch beurteilten Vertragskonstellationen erhebliche Nachforderungen an Sozialversicherungsbeiträgen entstehen, die direkt in die Liquidität der Einrichtung eingreifen.
Onlinehändler haben häufig mit projektbezogener Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern zu tun, oftmals in Form von Ein-Personen-Unternehmen oder selbstständigen Vertriebs- und Marketingpartnern. Diese Strukturen sind besonders risikoreich, da bei intensiver Eingliederung in interne Abläufe schnell Scheinselbstständigkeit unterstellt werden kann. Mittelständische Unternehmen schließlich stehen mitunter unter dem Druck, komplexe Organisationseinheiten zu überwachen. Eine lückenhafte Einhaltung von Arbeitszeitregelungen oder Fehler beim Umgang mit Minijobs können hier zu erheblichen Korrekturen und belastenden Nachzahlungen führen.
Für alle Zielgruppen gilt: Betriebsprüfungen stellen nicht nur eine finanzielle Gefahr dar, sondern wirken auch reputationsschädigend. Entsprechend entscheidend ist es, interne Prozesse, Compliance- und Dokumentationsstrukturen frühzeitig so auszurichten, dass sie den Anforderungen der DRV und des Zoll standhalten. Die Grenze zwischen Mitwirkungspflicht und einem legitimen Recht auf Auskunftsverweigerung im Fall möglicher Selbstbelastung ist fließend und sollte genau bewertet werden. Unternehmen sind gut beraten, alle gespeicherten Daten, Stundenaufzeichnungen sowie Steuerunterlagen regelmäßig zu überprüfen, um Risiken zu minimieren und Strafbarkeiten zu vermeiden.
Fazit und Handlungsempfehlung für Unternehmen
Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung und den Zoll sind keine Ausnahme, sondern ein planbarer Bestandteil unternehmerischen Handelns. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung liegt bei der Geschäftsleitung und erfordert ein präzises Zusammenspiel zwischen Buchhaltung, Personalabteilung und Steuervorbereitung. Insbesondere die Felder Scheinselbstständigkeit, Minijobs, lohnsteuerliche und umsatzsteuerliche Sachverhalte sowie arbeitsrechtliche Pflichten bergen erhebliche Risiken. Unternehmen sollten es vermeiden, erst im Zeitpunkt der Prüfungsanordnung aktiv zu werden, und vielmehr ihre Prozesse kontinuierlich auf Konformität prüfen sowie dokumentarische Transparenz schaffen.
Eine frühzeitige Sensibilisierung aller Beteiligten sowie die Implementierung von klaren Compliance-Strukturen gewährleisten im Ernstfall Rechtssicherheit und minimieren Haftungsrisiken. Kleine und mittelständische Unternehmen profitieren dabei besonders von einer proaktiven Prozessoptimierung und digitalen Buchhaltungslösungen. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen aller Größen und Branchen – vom kleinen Handwerksbetrieb bis zur Pflegeeinrichtung oder zum Onlinehändler – gezielt bei der Digitalisierung der Buchhaltung, der Prozessoptimierung und der effizienten Vorbereitung auf Betriebsprüfungen. So schaffen wir nachhaltige Entlastungen, maßgebliche Kostenersparnisse und eine sichere Grundlage für die Unternehmensführung.
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