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Arbeitsrecht

BAG klärt bezahlte Freistellung für Tarifkommissionsmitglieder

Ein Artikel von der Intelligent Accounting Steuerberatungsgesellschaft Kassel

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Bezahlte Freistellung im Tarifrecht des Einzelhandels präzisiert

Die Abgrenzung zwischen ehrenamtlichem Engagement in gewerkschaftlichen Gremien und arbeitsvertraglich vergüteter Zeit führte in der Praxis des Einzelhandels immer wieder zu Unsicherheiten. Besonders für kleine und mittelständische Betriebe, die sich tarifvertraglich binden, stellt sich häufig die Frage, wann ihre Mitarbeitenden bei gewerkschaftlichen Aktivitäten von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen sind. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Oktober 2025 (Az.: 6 AZR 68/25) schafft hierzu nunmehr Klarheit und schränkt die Reichweite des § 16 Abs. 3 Manteltarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen ein.

In dem zugrunde liegenden Fall war ein tarifgebundener Arbeitnehmer, der zugleich Mitglied einer Tarifkommission von ver.di war, zu einem dreitägigen Seminar eingeladen worden. Dieses Seminar hatte die Vermittlung von Grundlagenwissen zur Tarifgestaltung zum Inhalt. Der Beschäftigte nahm teil und erwartete, dass ihm der Arbeitgeber die Zeit nach § 16 Abs. 3 des Manteltarifvertrags als bezahlte Freistellung anrechnen müsse. Nachdem der Arbeitgeber den Lohn kürzte, klagte der Arbeitnehmer auf Nachzahlung. Während die Vorinstanzen dem Begehren zunächst stattgaben, hob das Bundesarbeitsgericht diese Entscheidungen auf und bestätigte die Sichtweise des Arbeitgebers.

Auslegung der Freistellungsregelung im Manteltarifvertrag

Das Gericht befasste sich ausführlich mit der Wortwahl der Tarifvorschrift. Der Anspruch auf Freistellung besteht danach zur „Vorbereitung und Teilnahme an den Sitzungen“ der Tarifkommission. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist diese Formulierung eindeutig: Sie erfordert einen konkreten Bezug zu einer tatsächlich stattfindenden Sitzung. Seminare, die lediglich der allgemeinen Qualifizierung von Mitgliedern für ihre Tätigkeit innerhalb der Gewerkschaft dienen, erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei einem solchen Seminar nicht um eine Sitzungsvorbereitung, sondern um ein Element der allgemeinen Schulung von Interessenvertretern. Das Gericht stellte klar, dass diese Differenzierung bewusst gewählt sei und sich ausdrücklich von den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes unterscheide, das für Betriebsratsmitglieder eine Freistellung zur Teilnahme an Schulungen vorsieht, wenn diese für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind. Eine vergleichbare Ausweitung wollten die Tarifparteien im Einzelhandel offensichtlich nicht vornehmen.

Der Senat betonte zudem, dass die Wendung „im erforderlichen Umfang“ nur das Maß, nicht aber den Grund der Freistellung betreffe. Es gehe folglich allein um die Dauer der Abwesenheit von der Arbeit, wenn bereits ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Das Seminar, so das Gericht, sei kein vorbereitender Schritt im engeren Sinne, da es nicht der Vorbereitung einer bestimmten Sitzung diene, sondern eine allgemeine politische und rechtliche Fortbildung vermittele.

Diese enge Interpretation stützt sich auch auf den historischen Vergleich mit früheren Tariffassungen. Ursprünglich sah der Manteltarifvertrag nur eine bezahlte Freistellung für die Teilnahme an Sitzungen vor. Die spätere Erweiterung auf die „Vorbereitung und Teilnahme“ sei nach Ansicht des Gerichts ausschließlich auf die unmittelbare, inhaltliche Vorbereitung einer konkreten Sitzung bezogen gewesen. Damit sollten etwa das Lesen von Sitzungsunterlagen oder Abstimmungen im Vorfeld erfasst werden, nicht aber Schulungen ohne unmittelbaren Sitzungsbezug.

Relevanz und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Beschäftigte im Einzelhandel

Für Unternehmen im Einzelhandel, insbesondere kleinere Filialbetriebe in Nordrhein-Westfalen, hat diese Entscheidung eine erhebliche praktische Bedeutung. Zahlreiche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben bislang unter Unsicherheit gehandelt, wenn Mitglieder von Tarifkommissionen Veranstaltungen der Gewerkschaften besuchten. Durch die enge Auslegung des Begriffs der Vorbereitung wird nun deutlich, dass eine bezahlte Freistellung nur beansprucht werden kann, wenn eine konkrete Sitzung der Tarifkommission ansteht und das freigestellte Mitglied unmittelbar mit der Sitzungsarbeit befasst ist.

Für Beschäftigte bedeutet dies, dass Seminare, die eher der allgemeinen Weiterbildung dienen, künftig über die Gewerkschaft oder aus eigener Initiative zu finanzieren sind, sofern der Arbeitgeber nicht freiwillig bezahlte Freistellung gewährt. Gewerkschaften wiederum müssen in ihren Planungen berücksichtigen, dass sie Schulungen für ehrenamtliche Tarifkommissionsmitglieder nicht selbstverständlich während der Arbeitszeit mit Entgeltfortzahlung durchführen können.

Aus Unternehmersicht empfiehlt es sich, Freistellungsansprüche genau zu prüfen und gegebenenfalls intern klare Richtlinien zu erlassen. Entscheidungen über Entgeltfortzahlung sollten auf dokumentierten Sitzungsbezügen beruhen. Gerade in Zeiten zunehmender Tarifverhandlungen, wie sie im stationären und im Onlineeinzelhandel wieder an Bedeutung gewinnen, ist eine rechtssichere Handhabung von Arbeitsfreistellungen essenziell.

Für Unternehmen anderer Branchen – etwa Pflegeeinrichtungen oder technische Dienstleister, die ebenfalls tarifgebunden sind – kann die Entscheidung als Orientierung dienen: Der Freistellungsanspruch für gewerkschaftliche Gremienarbeit ist kein allgemeiner Bildungsurlaub, sondern an eng umrissene Voraussetzungen gebunden. Auch in diesen Bereichen sollten Personalabteilungen prüfen, ob bestehende Tarifverträge gleichlautende oder vergleichbare Regelungen enthalten, um künftige Streitigkeiten zu vermeiden.

Klarheit für die Praxis und Schlussfolgerungen

Mit seiner Entscheidung zur Reichweite des § 16 Abs. 3 Manteltarifvertrags Einzelhandel NRW hat das Bundesarbeitsgericht den Rahmen der bezahlten Freistellung präzisiert und ein Stück Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte geschaffen. Für den Einzelhandelssektor entfällt künftig die Pflicht zur Entgeltfortzahlung bei gewerkschaftlichen Schulungen ohne direkten Bezug zu konkreten Sitzungen. Unternehmen gewinnen dadurch bessere Planbarkeit und können personelle Ausfälle im Zusammenhang mit Gewerkschaftstätigkeiten klarer einschätzen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wiederum erhalten einen verlässlichen Orientierungsrahmen darüber, unter welchen Bedingungen eine Freistellung mit Lohnzahlung beansprucht werden kann.

Die Entscheidung verdeutlicht zugleich die Bedeutung präziser Tarifformulierungen. Gerade für tarifgebundene Onlinehändler und kleine stationäre Unternehmen, deren Personalstruktur stark von Teilzeit und wechselnden Arbeitszeiten geprägt ist, kann die Kenntnis solcher Regelungen rechtliche Konflikte vermeiden und Kostenkontrolle gewährleisten. Im Ergebnis stärkt das Urteil die Transparenz des Zusammenspiels zwischen gewerkschaftlichem Engagement und Arbeitgeberpflichten.

Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen aus verschiedenen Branchen bei der rechtssicheren Gestaltung ihrer Arbeitsprozesse. Wir haben uns auf die Digitalisierung und Prozessoptimierung der Buchhaltung spezialisiert und zeigen, wie sich durch zielgerichtete Automatisierung erhebliche Kostenvorteile und Effizienzsteigerungen erzielen lassen.

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