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Lohnsteuer

Annahmeverzugslohn und Rechtswahl: Neue Leitlinien für Arbeitgeber

Ein Artikel von der Intelligent Accounting Steuerberatungsgesellschaft Kassel

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Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Juni 2025 (2 AZR 102/24 (A)) hat das Potenzial, die Gestaltung internationaler Arbeitsverträge erheblich zu verändern. Im Kern steht die Frage, ob durch die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung Ansprüche auf Annahmeverzugslohn wirksam ausgeschlossen werden können, also jenes Entgelts, das Beschäftigte beanspruchen dürfen, wenn sie infolge einer unwirksamen Kündigung nicht beschäftigt wurden. Für in Deutschland tätige Arbeitgeber, darunter Airlines, Pflegeeinrichtungen mit ausländischem Personal, aber auch Onlinehändler mit internationalen Mitarbeitenden, ergibt sich aus dieser Entscheidung erheblicher Klärungsbedarf für die Vertragsgestaltung.

Zwingendes Arbeitsrecht bei Annahmeverzug im internationalen Kontext

Dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts lag ein Streit zwischen einer US-amerikanischen Fluggesellschaft mit deutscher Basis und einem französischen Arbeitnehmer zugrunde. Die Parteien hatten in ihrem Arbeitsvertrag die Geltung US-amerikanischen Rechts vereinbart, de facto verrichtete der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aber regelmäßig von Deutschland aus. Nach der Kündigung machte er Annahmeverzugslohn nach deutschem Recht geltend, weil er infolge einer vom Gericht als verspätet wirksam erklärten Kündigung über mehrere Monate hinweg keine Beschäftigung erhielt. Der Kern der rechtlichen Auseinandersetzung drehte sich darum, ob der Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch als zwingende Norm gilt und damit nicht durch Rechtswahl abbedungen werden kann.

Während der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2023 noch die Auffassung vertreten hatte, die Norm sei dispositiv und könne durch Rechtswahl ausgeschlossen werden, sieht der Zweite Senat nunmehr eine zwingende Wirkung. Nach seiner Ansicht wäre es mit den Grundprinzipien des Kündigungsschutzes unvereinbar, wenn der Arbeitgeber durch geschickte Rechtswahl das Risiko einer unwirksamen Kündigung vollständig auf die Arbeitnehmer verlagern könnte. Der Annahmeverzugslohn sei ein zentraler Bestandteil des arbeitsrechtlichen Schutzsystems, da er sicherstellt, dass der Arbeitnehmer im Fall einer unwirksamen Kündigung nicht leer ausgeht, obwohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Der Senat deutet daher eine verfassungskonforme Auslegung an: Eine Rechtswahl, die zur Folge hätte, dass der Beschäftigte im Fall einer unwirksamen Kündigung keinerlei Vergütung mehr erhält, verstoße gegen § 134 Bürgerliches Gesetzbuch, der Vereinbarungen verbietet, die gesetzliche Schutzzwecke umgehen. Damit wird § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch teilweise als unabdingbar eingestuft – jedenfalls in Fällen, in denen durch die Vereinbarung der Schutz des deutschen Kündigungsrechts umgangen würde.

Rechtsdogmatische Einordnung und wirtschaftliche Bedeutung

Die Entscheidung hat nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch europa- und wirtschaftsrechtliche Dimensionen. Nach dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist grundsätzlich eine Rechtswahl in Arbeitsverträgen möglich, jedoch findet sie ihre Grenze an zwingenden Bestimmungen des Arbeitnehmer-Schutzrechts. Diese Vorschriften können unabhängig von einer Rechtswahl zur Anwendung gelangen, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit überwiegend in Deutschland ausübt. Das Bundesarbeitsgericht wendet dieses Prinzip konsequent an und betont damit die besondere Schutzfunktion des deutschen Arbeitsrechts. Besonders relevant ist dies für internationale Arbeitgeber, die Personal von deutschen Betriebsstandorten einsetzen, aber durch die Vertragsgestaltung versuchen, ausländisches Recht mit geringeren Schutzstandards zur Anwendung zu bringen.

Die richterliche Begründung zeigt, dass § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht beliebig vertraglich abbedungen werden kann. Der Annahmeverzugslohn gilt damit als notwendige Ergänzung zu den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes und den gesetzlichen Kündigungsfristen. Eine gegenteilige Auslegung würde – so der Senat – den faktischen Kündigungsschutz aushöhlen, da der Arbeitnehmer bei jeder vorsorglich ausgesprochenen Kündigung leer ausginge. Der Bezug von Arbeitsvergütung ist aber untrennbar mit dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verbunden. Damit wird auch die Vertragsfreiheit der Arbeitgeber an dieser Stelle begrenzt, um eine unzulässige Umgehung des arbeitsrechtlichen Schutzstandards zu verhindern.

In der juristischen Praxis bleibt vorerst unklar, wie der Fünfte Senat auf die vom Zweiten Senat eingeleitete Divergenzanfrage reagieren wird. Sollte dieser an seiner früheren Auffassung festhalten, könnte die Frage dem Großen Senat vorgelegt werden. Bis zur endgültigen Klärung bleibt also ein gewisser Schwebezustand – gleichwohl markiert diese Entscheidung einen deutlichen Trend hin zu einer Stärkung des Arbeitnehmer*innenschutzes im internationalen Kontext.

Konsequenzen für Unternehmen, Handel und spezialisierte Branchen

Für kleine und mittlere Unternehmen, die internationale Arbeitsverhältnisse gestalten, bedeutet diese Rechtsentwicklung eine klare Mahnung zur Vorsicht. Auch wenn eine ausländische Rechtswahl arbeitsvertraglich zulässig bleibt, schützt sie nicht vor der Anwendung zwingender deutscher Vorschriften, sofern Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung hauptsächlich in Deutschland erbringen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Pflegeeinrichtungen mit ausländischen Pflegekräften, Speditions- und Logistikunternehmen mit europaweitem Einsatzradius oder Onlinehändler mit Remote-Mitarbeitenden handelt. Unternehmen müssen ihre Vertragsmuster hinsichtlich der Rechtswahlklauseln überprüfen und sicherstellen, dass keine unzulässige Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos erfolgt.

Darüber hinaus sollte die Lohnabrechnung im Fall von Kündigungsstreitigkeiten sorgfältig überwacht werden. Wenn ein Kündigungsschutzverfahren läuft und das Arbeitsverhältnis weiterbesteht, entsteht das Risiko von Nachzahlungen. Entsprechend ist eine rückwirkende Berechnung von Annahmeverzugslohnansprüchen möglich, die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen haben kann. Steuerberatende und Finanzabteilungen in Unternehmen sollten deshalb frühzeitig interne Prozesse etablieren, die solche Szenarien abbilden und die Liquiditätsplanung berücksichtigen. Auch digitale Buchhaltungssysteme können dabei unterstützen, offene Ansprüche und Rückstellungen automatisiert zu erfassen und zu bewerten.

Gleichzeitig signalisiert die Entscheidung den Arbeitnehmern in internationalen Strukturen, dass deutsches Recht sie schützt, solange sie ihre Arbeitsleistung in Deutschland erbringen. Dies könnte die Attraktivität deutscher Standorte erhöhen, aber auch den Wettbewerb zwischen nationalen und internationalen Rechtssystemen verschärfen. Für Arbeitgeber ist dies ein Argument mehr, nicht nur rechtliche, sondern auch organisatorische Anpassungen vorzunehmen, um Rechtssicherheit und Transparenz in den Beschäftigungsverhältnissen herzustellen.

Klarer Rahmen für gerechte Beschäftigungsbedingungen

Zusammenfassend stärkt der Beschluss die Existenz zwingender arbeitsrechtlicher Schutzmechanismen auch im grenzüberschreitenden Kontext. Die Annahmeverzugsvergütung wird als unverzichtbares Instrument betrachtet, um das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Freiheit und sozialem Schutz zu wahren. Unternehmen sollten die Entscheidung zum Anlass nehmen, bestehende Vertragsmuster, insbesondere Rechtswahl- und Vergütungsregelungen, kritisch zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Damit lassen sich zukünftige Prozesse vermeiden und zugleich das Vertrauen der Beschäftigten in die rechtliche Verlässlichkeit der Arbeitsverhältnisse festigen.

Unsere Kanzlei begleitet kleine und mittelständische Unternehmen bei der rechtssicheren Gestaltung internationaler Arbeitsverträge und bei der Digitalisierung ihrer Buchhaltungs- und Lohnprozesse. Wir fokussieren uns auf die Prozessoptimierung und die kosteneffiziente Umsetzung gesetzlicher Anforderungen, um Mandanten aller Branchen spürbare finanzielle und administrative Vorteile zu verschaffen.

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