Bedeutung der Aktenversendungspauschale für Anwälte und Mandanten
Die sogenannte Aktenversendungspauschale ist eine festgelegte Vergütung, die Rechtsanwälte im Rahmen eines Gerichtsverfahrens für die Zusendung von Akten beanspruchen können. Sie beträgt 12 Euro und ist in der Praxis insbesondere dann relevant, wenn ein auswärtiger Anwalt beauftragt wird. In einem aktuellen Fall vor dem Amtsgericht Tiergarten (Az. 312 OWi 100/25, Beschluss vom 14.08.2025) wurde genau diese Pauschale zum Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Der Hintergrund dabei war, dass eine Mandantin am Gerichtsort wohnte, sich jedoch für einen nicht ortsansässigen Verteidiger entschieden hatte. Die Kostenstelle des Gerichts wollte die zweite Aktenversendung nicht erstatten. Das Gericht stellte nun klar, dass der Anspruch des auswärtigen Anwalts auf die Pauschale unabhängig vom Wohnsitz der Mandantin besteht.
Diese Entscheidung ist auch für kleine und mittelständische Unternehmen von Bedeutung, die etwa in Bußgeldverfahren oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig mit Rechtsvertretung konfrontiert werden. Gerade wenn Unternehmen nicht auf ortsansässige Kanzleien zurückgreifen, sondern spezialisierte Berater an anderen Standorten beauftragen, zeigt sich die Relevanz einer klaren Rechtsprechung zu den erstattungsfähigen Kosten.
Rechtliche Grundlage: Freie Verteidigerwahl und Wirtschaftlichkeit
Das Gericht betonte die freie Wahl des Verteidigers nach § 137 Strafprozessordnung, wonach Beschuldigte ohne Einschränkungen ihren Rechtsbeistand bestimmen dürfen. Ergänzend ist in Art. 6 Abs. 3 Buchstabe c Europäische Menschenrechtskonvention ein entsprechender Anspruch auf freie Verteidigerwahl niedergeschrieben. Diese Grundsätze dürfen nicht durch Kostenargumente unterlaufen werden. Wird ein auswärtiger Anwalt beauftragt, so ist die Aktenversendung nicht nur praktikabel, sondern auch wirtschaftlich. Würde man auf eine persönliche Akteneinsicht am Gerichtsort bestehen, würden Reisekosten anfallen, die deutlich über der Pauschale lägen. Diese Überlegung ist auch für Unternehmen interessant, die Anwälte aus anderen Regionen beauftragen, um von deren Spezialisierungen zu profitieren.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen nicht gezwungen werden können, zur Kostenersparnis nur auf lokale Rechtsanwälte zurückzugreifen. Die Entscheidung stellt vielmehr klar, dass das Recht auf einen Anwalt des eigenen Vertrauens auch finanzrechtlich abgesichert ist.
Strenge Maßstäbe bei Dokumentenpauschalen
Während das Gericht den Anspruch auf die Aktenversendungspauschale uneingeschränkt bestätigte, setzte es strengere Maßstäbe bei der sogenannten Dokumentenpauschale an. Diese ist in § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in Verbindung mit Nr. 7000 Vergütungsverzeichnis geregelt. Sie betrifft die Kosten, die ein Rechtsanwalt für Kopien und Ausdrucke von Gerichtsakten erhält, wenn diese für die Bearbeitung erforderlich sind. Kopien eigener Schriftsätze oder bereits zugestellter Dokumente gelten jedoch nicht als erforderlich, da sie dem Anwalt ohnehin vorliegen. In dem entschiedenen Fall hatte der Verteidiger zwei seiner eigenen Schreiben kopiert. Das Gericht stellte fest, dass diese Kosten nicht erstattungsfähig seien und eine vollständige Streichung der Dokumentenpauschale sogar denkbar gewesen wäre.
Allerdings unterlag das Gericht hier einer wichtigen rechtlichen Schranke: dem Verbot der sogenannten reformatio in peius. Dieses Rechtsprinzip besagt, dass eine gerichtliche Entscheidung im Rechtsmittelverfahren nicht zu einer Verschlechterung der Position des Rechtsmittelführers führen darf, wenn die Gegenseite selbst kein eigenes Rechtsmittel eingelegt hat. Daher durfte der Anwalt die bereits bewilligten 6,50 Euro im konkreten Fall behalten.
Für Unternehmen, die regelmäßig Verfahren begleiten müssen, kann diese Rechtsprechung erhebliche praktische Relevanz haben. So wird deutlich, dass sich die Vergütungsregelungen für Anwaltskosten sehr genau am Maßstab der Notwendigkeit orientieren. Gerade Kostenstellen in Unternehmen, die mit Rechts- und Compliance-Fragen befasst sind, sollten wissen, dass sich überhöhte Forderungen von Anwälten in Bezug auf Kopien durchaus angreifen lassen.
Fazit: Relevanz für Unternehmen und Prozessoptimierung
Das Urteil verdeutlicht, dass die freie Wahl eines Rechtsanwalts auch auswärtige Kanzleien umfasst und deren notwendige Kosten zu erstatten sind. Die Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 Euro wird unabhängig davon gewährt, ob die Mandantschaft selbst am Gerichtsort ansässig ist. Unternehmen können sich somit auch weiterhin nach fachlicher Spezialisierung ihrer Rechtsberater orientieren, ohne durch die Kostenfestsetzung gezwungen zu sein, einen lokalen Anwalt zu wählen. Auf der anderen Seite zeigt die Entscheidung zur Dokumentenpauschale, wie präzise Gerichte die Erforderlichkeit anwaltlicher Aufwendungen prüfen. Hier sollten Unternehmen stets ein wachsames Auge darauf haben, dass nur notwendige Aufwendungen in die Kostenfestsetzung einfließen.
Für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet das: Die sorgfältige Prüfung von Kosten, die Rechtsanwälte im Rahmen eines Verfahrens geltend machen, ist nicht nur rechtlich möglich, sondern kann auch wirtschaftlich geboten sein. Bei der Abrechnung anwaltlicher Tätigkeiten sollte daher stets eine kritische Auseinandersetzung erfolgen, um überflüssige Aufwendungen von vornherein zu vermeiden. Unsere Kanzlei unterstützt Unternehmen dabei, diesen Prozess effizient zu gestalten. Wir begleiten kleine wie mittelständische Betriebe bei der Optimierung ihrer Buchhaltungsprozesse und der Digitalisierung interner Abläufe, wodurch sich erhebliche Kostenvorteile und Effizienzsteigerungen erzielen lassen.
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